Die InEar Schmiede 64 Audio aus Vancouver ist für clevere Technologien wie tia™ und apex® bekannt. Mit dem Duo geht man erneut einen innovativen Schritt. Neben der Kombination aus einem dynamischen Treiber mit einem Balanced Armature Treiber setzt der Duo auf ein bei InEars bisher so noch nicht gesehenes Konzept: Die üblicherweise geschlossene Faceplate ist hier offen – vergleichbar mit offenen Over-Ear Kopfhörern. Wie das Ganze klingt, das erfahrt ihr in diesem Testbericht!



[Werbung] Der 64 Audio Duo wurde mir für diesen Test leihweise von 64audio.de zur Verfügung gestellt. Vielen Dank!


Der 64 Audio DUO

Wenn eine der angesagtesten InEar Companys ein neues Produkt vorstellt, ist die Erwartung naturgemäß groß. Wenn es dann auch noch um die Einführung einer neuen Technologie geht, dann wird sie noch größer. 64 Audio hat durch die apex Technologie die Performance von BA Treibern vor allem im Bassbereich auf ein neues Level gehoben und ganz nebenbei den für viele unangenehme Unterdruck bei dichtem Seal aus InEars verbannt. Der 64 Audio U12t verdankt seine unnachahmliche Basswiedergabe eben genau dieser Technologie.

Der Duo als Dual Hybrid InEar geht einen anderen Weg. Es gibt keine apex Module, sondern vielmehr IST die Faceplate das apex Module. 64 Audio nennt das jetzt apex® core. Indem sie das Gehäuse nicht dicht abschließt, sondern eine freie Luftzirkulation durch ein Gittersystem ermöglicht, wird ein mit apex vergleichbarer Effekt erzielt. Dadurch soll ein besonders ermüdungsfreier Musikgenuß möglich sein – fernab des sonst so gewohnten Isolationsgefühls bei InEars. Selbst der Preis klingt – für 64 Audio Verhältnisse – verlockend. So werden für den Duo 1.199€ fällig. Damit ist er der „günstigste“ 64 Audio im Bereich der audiophilen UIEM.

Natürlich sind auch wieder 64 Audios Kerntechnologien mit an Bord:

tia™ | TUBELESS IN-EAR AUDIO

Die tia™ Technologie umfasst ein ganzes Konzept über Treibertechnik, deren Platzierung im Gehäuse und der Gestaltung des Gehäusinneren. In der Regel werden im Innern von InEars mit Balanced Armatur Treibern Schallröhrchen eingesetzt. Mit diesen wird der Schall von den einzelnen Treibern zum Schallausgang geleitet. 

64 Audio geht einen anderen Weg: Denn Schallröhrchen und die damit oft einhergehenden Resonanzen und Verzerrungen finden sich nicht in den Produkten. Man setzt vielmehr auf proprietäre, offene Treiber und speziell angepasste Schallkammern. Der Schall gelangt somit ohne störende Röhrchen oder Schläuche zum einzigen Ausgang. Das führt zu einem natürlichen und vollen Klang – so wie man es von Lautsprechern kennt.

APEX® Core | Air Pressure Exchange

Mit dieser Technologie geht 64 Audio ein weit verbreitetes „Problem“ bei InEars an. Wird der Gehörgang hermetisch durch einen InEar verschlossen und dann Luft bewegt (durch den/die Treiber entsteht Druck), so wird das Trommelfell gestresst. Es entsteht somit ein geringer Druck, der mit der Zeit ermüdend wirken kann. 

Während das APEX® System verschiedene Dämpfungsmodule benutzt, setzt man bei Apex Core auf eine Luft- bzw. schalldurchlässige Faceplate. Der Effekt ist vergleichbar, aber im Gegensatz zum geschlossenen Apex System nicht anpassbar.

LID™ | Lineares Impedanzdesign

Diese Technologie sorgt im Grunde dafür, daß der InEar an jeder Quelle gleich klingt – unabhängig von der Ausgangsimpedanz des Abspielgerätes.

Wave Sync

Durch die Verwendung einer Art „Allpass“-Filter hat es 64 Audio ermöglicht, eine Frequenzweiche einzuführen und gleichzeitig die Laufzeiten der verschiedenen Treiber zu korrigieren ohne deren Position zueinander verändern zu müssen.


Lieferumfang und Verpackung

Die Verpackung des Duo fällt im Vergleich zu der des U12t recht kompakt aus und ist ansprechend designed. Der schwarze äußere Pappschuber mit dem Produktbild umhüllt die aufklappbare Pappschachtel mit InEar und Zubehör.

Seit dem Nio fokussiert sich 64 Audio beim Lieferumfang eher auf den audiophilen Musikliebhaber statt auf den professionellen Musikschaffenden. Das resultiert in der Wahl eines schicken Ledercases statt eines praktischen Hardcases.

Auch das beiliegende Kabel war oft Ziel von berechtigter Kritik. Ein einfaches Kabel – so wie es den bisherigen Modellen beiliegt – mag zwar technisch ohne Tadel sein, wird dem hochpreisigen Produkt aber nicht gerecht. Der Nio war der erste InEar von 64 Audio, dem ein wirklich zufriedenstellendes Kabel beiliegt. Und dem Duo liegt nun auch dieses Kabel bei. Seit dem U6t liegen übrigens nun auch original Tips von SpinFit™ bei.

Der Lieferumfang im Einzelnen

  • Duo Universal In-Ear Monitors
  • 64 Audio Premium Leather Case
  • TrueFidelity Foam Eartips (S,M,L)
  • SpinFit Silicone Eartips (S,M,L)
  • Silicone Eartips (S,M,L)
  • Black Premium Cable
  • Aufkleber

Verarbeitung und Design 64 Audio Duo

Die einfache aber effektive Gehäuseform der 64 Audio InEars wird auch beim Duo beibehalten. Die Gehäuse sind ergonomisch nicht an die Concha angelehnt, passen aber trotzdem super. Das Gehäuse aus Alu(?) ist leicht und robust. Die Verarbeitung ist so wie man es sich im Premiumsegment wünscht. Alles ist perfekt eingepasst und zusammengefügt. Es gibt keine unregelmäßigen Spaltmaße oder Oberflächen.

Das mattschwarze Gehäuse in Verbindung mit dem schwarzen Gehäusegrill auf der Faceplate und der silbernen Einfassung wirkt edel und stylisch.

Das Kabel ist ein echter Fortschritt. Auch wenn das alte Kabel klanglich bestimmt okay war, so war es haptisch keine Offenbarung. Das neue Kabel fühlt sich nicht nur wesentlich weicher und edler an. Auch der störrische Memoryeffekt ist nun endlich Geschichte. Mikrofonie ist kein Problem. Ich würde keinen direkten Anlass sehen, das Kabel auszutauschen.

Anschlussseitig bleibt 64 Audio dem 2-Pin System treu, am Kabelende findet sich ein 3.5mm Stereo-Klinken Stecker.


Tragekomfort

Die Gehäuse sind relativ klein und bauen auch nicht sehr tief auf. Eine anatomische Ausformung wie bei vielen UIEM, z.b. dem Vision Ears VE7 (Test), ist nicht vorhanden. Der Sitz mit den beiliegenden SpinFit™ Silikontips ist bei mir trotzdem sehr gut.

Aufgrund der grob anatomischen Tropfen-Form der Gehäuse mit großen Radien gibt es keine unangenehmen Berührungspunkte, denn die Gehäuseform passt sich prima an meine Concha an. Die Kabelführung über dem Ohr gibt eine zusätzliche Stabilität und fixieren die kleinen Wunderwerke sicher und bequem.


Technische Daten

Driver Type/Count2 Drivers – One dynamic driver and one balanced armature driver
Driver Configuration1 tia high, 1 dynamic low
Frequency Response20Hz – 20kHz
Sensitivity98dB/mW (98dB @ 1kHz @ 1mW (95mV)
Impedance9Ω 
CrossoverIntegrated 2-way passive crossover
Isolation-12dB internal apex technology
[Quelle: 64audio.com]

Klangqualität

So, und nun wird´s endlich spannend – wie klingt der Duo?
Zuspieler war einmal mehr der iBasso DX300 Max und der Sony WM1a bei den mobilen Playern. Am Desktop kommt bei mir nach wie vor der CMA400i zum Einsatz, den ich über die Jahre wirklich liebgewonnen habe und dem aktuell aus meiner Sicht immer noch kein anderer Desktop DAC/AMP im Gesamtpaket paroli bieten kann.

Zuallererst: Leistung ist kein Problem, der Duo hat zwar keinen übermäßigen Wirkungsgrad, ist mit 9Ω dafür aber extrem leicht anzutreiben. Das führt am Ende sogar am Smartphone – sofern man überhaupt noch eines mit Kopfhörerbuchse hat – zu ausreichend hohen Lautstärken.

Aufgrund der verwendeten Hybridtechnik, also dem Einsatz von zwei unterschiedlichen Treibersystemen, darf man das beste aus den beiden Welten erwarten. Also einen satten, organischen und druckvollen Bass aus dem dynamischen Treiber und eine präzise und detaillierte Separationsfähigkeit von den Mitten bis hin zu den Höhen.

Grundsätzlich hat man sich bei 64 Audio für den Duo um eine angenehme, warme und sehr wohlige Tonalität entschieden. Resultierend aus dem dynamischen Basstreiber ist der Tieftonbereich sehr mächtig abgestimmt, beeinflusst aber andere Frequenzbereiche nicht. In Verbindung mit der Apex Core Technologie führt das zu einem wahnsinnig erfrischenden, spassigen und offen klingenden Bass.

Tiefen
Wow! Wie bereits angedeutet, ist der Bassbereich der Star des Duo. Und was für einer. Im Tiefbass ist der Duo atemberaubend, hat eine sehr gehaltvolle und mächtige Autorität bis in den Oberbass hinein. Das hat schon Subwooferqualität. Er bleibt dabei immer smooth und organisch, ist also jederzeit sehr natürlich und livehaftig.

Dafür braucht es aber Raum. Zu schnell gespielte Doublebassdrums bringen den Treiber zwar technisch nicht an die Grenze, lassen aber teilweise zu viel Textur bei den einzelnen Kicks liegen, weil der nächste Attack schon wieder da ist. So baut sich eine dann doch zu dicke Wand auf, die schwer zu durchdringen ist und sich hier und da dann doch bis in den Oberbass und die unteren Mitten schiebt.

Mitten
Die Mitten sind wunderbar durchtexturiert, strahlen Kraft und Energie aus. In den unteren Mitten generiert der Duo seine Temperatur, die etwas wärmer ist als es für einen neutralen Hörer angemessen wäre. Aber neutral will der Duo auch nicht sein. Er ist eher emotional und musikalisch unterwegs.

Die Mitten sind leicht zurücjgesetzt, Gesang wird aber sehr intim und wohlig intoniert – dabei ist es egal, welches Geschlecht gerade am Mikro steht. Für Gitarrenmusik oder generell Instrumenten-Wiedergabe gilt, daß der Duo einen sehr guten Job bei der natürlichen und unverfälschten Klangreproduktion macht.

Höhen
Die Höhen sind weich und soft, was aber nicht darüberhinweg täuschen darf, daß der Duo sehr detailliert und brilliant zu Werke geht. Der obere Frequenzbereich ist klar und offen, keine Spur von einer irgendwie gearteten Dämpfung oder dergleichen. Und trotzdem bleibt die Musik angenehm und ohne Spitzen. Weder Sibilanten noch Ridebells oder China- bzw. Splashcymbals penetrieren den Hörer in unangemessener Schärfe.

Bühne
Offene Kopfhörer klingen konstruktionsbedingt meist deutlich räumlicher und haben ein breiteres Imaging als ihre geschlossenen Kollegen. Und ja, hier leiefert auch der Duo ein sehr beeindruckendes Erlebnis. Das musikalische Geschehen wird in einen großen Raum projiziert, wo es genug Platz für eine dreidimensionale Positionierung gibt. Vor allem opulente Orchesteraufnahmen, aber auch krachende Action-Blockbuster, machen auf dem Duo mächtig Spaß.

Separation & Auflösung
Trotz des mächtigen Bassbereiches behält der Duo bei den allermeisten Tracks die Kontrolle und schafft es mühelos, die einzelnen Spuren und Instrumente einer Aufnahme zu separieren. Gitarrenriffs sind wunderbar texturiert, lassen aber das letzte Quentchen Energie zugunsten der warmen Tonalität missen

Isolation
Wenn man „offen“ hört, dann hat man bereits eine Vorstellung wie es mit der Geräuschisoliereung bestellt sein muss. Ein offener Kopfhörer wie der HD800S oder der Amiron Home lässt Umgebungsgeräusche fast ungehindert an das Ohr gelangen. Das ist beim Duo trotz der akustisch durchlässigen Faceplate nicht der Fall. Das typische InEar Gefühl ist auch hier vorhanden, wenn auch etwas entschärft.


64 Audio Duo vs. Campfire Audio Dorado 2020

Auf den ersten Blick gibt viele Gemeinsamkeiten. Auch der m.M.n. oft unterschätzte Dorado ist ein Dual Hybrid mit einem dynamischem Treiber und einem Balanced-Armature Treiber. Beides sind universelle InEars mit Trageweise über dem Ohr. Im Gegensatz zum Duo hat der Dorado eine geschlossene Faceplate, verfügt dafür aber über Ventilationsöffnungen.

Tonal sind beide ebenfalls überaus dicht beieinander. Beide sind stark bassbetonte Hybrid-Inears mit darüberhinaus überragenden technischen Fähigkeiten bei Instrumentenseparation und Auflösung. Hierin liegt der signifikante Unterschied zu früher, wo basslastige Hörer oft Schwächen in anderen Bereichen hatten. Nicht so bei den beiden modernen Hybriden.

Im direkten Vergleich würde ich dem Duo noch einen Hauch mehr Tiefbass und Volumen/Körperhaftigkeit bescheinigen. Auch ist er insgesamt deutlich dunkler als der Dorado 2020 abgestimmt, welcher in den Höhen energischer und etwas spritziger zu Werke geht. Unterm Strich ist der Dorado besser bei harter und schnellerer Musik aufgehoben, der Duo beim Rest.


Fotos


Fazit

Der 64 Audio Duo ist in zweierlei Hinsicht ein absoluter Volltreffer:

Erstens liefert er eine mitreißende und kraftvolle Basswiedergabe, die ihresgleichen sucht. Dabei bleibt er im restlichen Frequenzspektrum schön ausgeglichen und produziert damit einen absolut angenehmen und weichen Klang.

Zweitens ist er preislich noch im Rahmen, auch wenn natürlich 1.199€ kein Schnäppchen sind. Der Duo ist diesen Preis aber definitiv wert.

Schlussendlich ist der Duo ein absolut empfehlenswerter Allrounder mit genial angenehmer Abstimmung und deutlichem Fokus auf den Tieftonbereich.


64 Audio Duo | Bewertung

9.5

Sound

9.5/10

Verarbeitung

10.0/10

Tragekomfort

9.0/10

Preis/Leistung

9.5/10

Pros

  • Fantastischer Tiefton
  • Detailliert und Präziser Sound
  • Angenehme, aber klare Höhen

Cons

  • Mir fällt nix ein...