Die amerikanische IEM Schmiede 64 Audio hat sein Flaggschiff in einer limitierten Version neu aufgelegt. Nur 500 Exemplare wird es weltweit geben vom Fourté Blanc. Damit legt man das nun bereits zweite Sondermodell des Serien-Flaggschiffs Fourté auf. Bezeichnenderweise folgt auf den Noire nun der Blanc. Wer seinerzeit leer ausging, hat nun – dicken Geldbeutel vorausgesetzt – ein letztes Mal die Chance. Eine weitere Neuauflage soll es nicht geben. Was das sündhaft teure Sondermodell kann – und vor allem wie es klingt – das darf ich in diesem Test für mich und euch herausfinden.


[Werbung] Der 64 Audio Fourté Blanc wurde mir für diesen Test leihweise von 64audio.de zur Verfügung gestellt. Vielen Dank!


Der 64 Audio Fourté Blanc

Beim Namen 64 Audio läuft dem gestandenen IEM-Fanatiker das Wasser im Mund zusammen. Also mir jedenfalls. 64 Audio ist definitiv eine meiner aktuell am meisten geschätzten InEar-Brands.

Die Firma wurde 2010 von Vitaliy Belonozhko, einem Toningenieur, als „1964 Ears“ gegründet. Nach der Umbenennung der Marke 64 Audio nimmt man neben der Pro-Audio Zielgruppe verstärkt enthusiastische Musikliebhaber und Audiophile ins Visier.  

Der 64 Audio U12t (Test) ist immer noch ein begnadet guter Ausnahme-InEar. Aber selbst der ist mit seinem Preis von aktuell 2.449€ im Vergleich zum Blanc ein Schnäppchen. Denn wer einen von den 500 Fourté Blanc haben möchte, der muss 4.399€ dafür eintauschen. Viel Geld für einen InEar, aber alles ist relativ – die Viertausender-Marke wird in letzter Zeit erstaunlich oft gerissen…

Lassen wir mal die Penunzen außer vor – was haben wir hier überhaupt?

Der Fourté Blanc ist vom Aufbau identisch zum regulären Fourté. Also ein Hybrid IEM mit einem BA Treiber, zwei tia Treibern und einem dynamischen Treiber. Im Vergleich zu den 18 Treibern des U18s also eher minimalistisch. Aber wir wissen ja auch: Auf die Treiberanzahl kommt es nicht an – die Abstimmung macht die Musik! Und da kann der Blanc – soviel sei vorweggenommen – voll punkten.

64 Audio packt aber auch jede Menge Know-How in das kleine Gehäuse. So kommen die Blanc Kunden in den Genuss zahlreicher hauseigener Technologien:

tia™ | TUBELESS IN-EAR AUDIO

Die tia™ Technologie umfasst ein ganzes Konzept über Treibertechnik, deren Platzierung im Gehäuse und der Gestaltung des Gehäusinneren. In der Regel werden im Innern von InEars mit Balanced Armatur Treibern Schallröhrchen eingesetzt. Mit diesen wird der Schall von den einzelnen Treibern zum Schallausgang geleitet. 

64 Audio geht einen anderen Weg: Denn Schallröhrchen und die damit oft einhergehenden Resonanzen und Verzerrungen finden sich nicht in den Produkten. Man setzt vielmehr auf proprietäre, offene Treiber und speziell angepasste Schallkammern. Der Schall gelangt somit ohne störende Röhrchen oder Schläuche zum einzigen Ausgang. Das führt zu einem natürlichen und vollen Klang – so wie man es von Lautsprechern kennt.

APEX® | Air Pressure Exchange

Mit dieser Technologie geht 64 Audio ein weit verbreitetes „Problem“ bei INEars an. Wird der Gehörgang hermetisch durch einen InEar verschlossen und dann Luft bewegt (durch den/die Treiber entsteht Druck), so wird das Trommelfell gestresst. Es entsteht somit ein geringer Druck, der mit der Zeit ermüdend wirken kann. 

Das APEX® System gleicht das mit Hilfe von verschiedenen Modulen aus. Die unterschiedlichen Module (m20, m15, mX) beeinflussen zusätzlich – wenn auch in engen Grenzen – die Klangsignatur und die Isolation von Umgebungsgeräuschen. Hierbei steht die Zahl für das Maß der Absenkung: 20dB, 15dB und 10dB.

Der Fourté kommt allerdings mit fest eingebauter Konfiguration, verzichtet also auf die modulare Option. Der Druckausgleich ist vergleichbar mit dem m20 Modul.

Exklusive Ausstattung
Neben dem speziellen Design unter der gewölbten Faceplate aus Glas(?) und dem edlen, weißen Gehäuse setzt sich der Blanc auch durch ein luxuriöses Kabel vom Serien-Fourté ab.


Verpackung & Lieferumfang

Auch wenn der grüne, stoffartige Schuber sehr edel daherkommt, wirklich neu ist er nicht. Das Verpackungsdesign ist von U12t oder U18s bekannt. Hier herrscht gesundes Understatement vor. Edel, aber nicht übertrieben. Man muss auch das Rad nicht immer neu erfinden.

Der Lieferumfang ist gleichermaßen 64 Audio Standard – Plus ein neues, exklusives Premium-Silberkabel.

Der Lieferumfang im Detail:

  • Fourté Blanc Universal-In-Ear-Monitore
  • TrueFidelity Form Ohrpassstücke (S,M,L)
  • Silikon-Ohrpassstücke (S,M,L)
  • SpinFit-Ohrpassstücke (S,M,L)
  • Ohrstöpsel-Halter
  • 3.5mm Pearl Premium Cable
  • 4.4mm Shielded Silver-Core Cable
  • Reinigungswerkzeug
  • Runder Aufkleber

Technische Daten

Ich komme nicht umher, es auch dieses mal wieder zu betonen: Die technischen Daten sind kein Indiz auf klangliche Eigenschaften. Der Vollständigkeit halber führe ich sie hier an dieser Stelle trotzdem auf.

Driver Type/Count4 Drivers
Driver ConfigurationHybrid: 2 tia high, 1 BA, 1 DD
Frequency Response5Hz – 20kHz
Sensitivity114 dB/mW @ 1kHz @ 1mW
Impedance10Ω
CrossoverIntegrated 4-way passive crossover
[Quelle: 64audio.com]

Design & Verarbeitung

Inears
Das Gehäuse ist so wie man es von 64 Audio kennt und erwarten darf – superb verarbeitet. Manche Tester schreiben von einem Keramikgehäuse – es ist aber nur eine Keramikbeschichtung. Die Optik ist trotzdem einmalig: Die matte, samtweiche weiße Oberfläche ist ein wahrer Eye-Catcher!

Seit NIO sind die Faceplates erhaben, sind also etwas gewölbt und nicht mehr plan wie beim U12t oder auch dem normalen Fourté. Das Design der Faceplate ist aber das gleiche geblieben bei der Sonderedition. Die Mischung aus Kupfer und türkisgrün harmoniert beim weißen Blanc meiner Meinung nach aber noch besser als das beim orangen Gehäuse des Fourté der Fall ist. Das sieht einfach großartig aus.

Die Verarbeitungsqualität ist auf perfektem Niveau. Die Faceplate ist sauber eingefasst, die Spaltmaße sind gleichmäßig und nichts steht schief – alles passt zu 100% zusammen. Die 2-Pin Sockel sind bekannt und vermutlich 1000-fach bewährt. Hier gibt es keinerlei Anlass zur Kritik.

Kabel
Das beiliegende Premiumkabel ist vom neuen Lieferumfang der anderen IEM wie U6t, DUO und U12t bekannt. Es ersetzt seit geraumer Zeit die alten Kabel. Ich finde es – gerade im Vergleich zum alten Kabel – bereits sehr gut.

Das dem Blanc ebenfalls beiliegende, nagelneue Silberkabel ist aber nochmal eine gänzlich andere Nummer: Auch wenn es (noch) nicht separat erhältlich ist, hat es 64 Audio auf der Webseite schonmal mit 999USD gelistet. Verglichen mit anderen Silberkabeln mancher Premium-Hersteller ist der Preis zumindest in guter Gesellschaft. Ob ein Kabel wirklich so viel kosten darf, möchte ich hier nicht beurteilen. Der Kunde bekommt allerdings mit diesem Kabel auch ein echtes Schmuckstück beigelegt. Haptik, Optik und Verarbeitung ist auf höchstem Niveau. Das Kabel ist weich und flexibel, Stecker und Splitter sind aus solidem Metall gefertigt und die Flechtarbeit ist äußerst akkurat ausgeführt.

Case
Als Case legt 64 Audio das bekannte, runde Ledercase bei. Die Dose ist praktisch und schützt die IEM perfekt. Bei einer limitierten Sonderedition hätte ich mir allerdings etwas mehr Innovation gewünscht. Das Case ist so schließlich genauso bei vielen anderen IEMs von 64 Audio vorhanden, also wenig exklusiv.


Komfort & Handling

Die Gehäuse der 64 Audio Fourté Blanc sind relativ klein und bauen auch nicht sehr tief auf. Eine anatomische Ausformung wie bei vielen UIEM, z.b. dem Vision Ears VE7, fehlt hier allerdings zum letzten perfekten Sitz. Auch sind die Schallröhrchen relativ kurz. Trotzdem sitzen die beiden Hörer mit Silikontips bei mir sehr gut – wie auch bei allen anderen getesteten 64 Audio Modellen.

Aufgrund der grob anatomischen Tropfen-Form der Gehäuse mit großen Radien gibt es keine unangenehmen Berührungspunkte, denn die Gehäuseform fügt sich prima an meine Concha an. Die Kabelführung über dem Ohr gibt eine zusätzliche Stabilität und fixieren die kleinen Wunderwerke sicher und bequem.

Sowohl die Spinfit als auch die einfachen Silikon Eartips sitzen sehr gut. Allerdings passen auch beim Blanc in meinem Falle die Final E Tips noch etwas besser. Und am Allerbesten passen die neuen Spinfit W1. Wie immer gilt hier: Ausprobieren ist Pflicht!


Klangqualität

Der Klang der 64 Audio Fourté Blanc hat mich anfangs etwas verwirrt. Zum einen hat er mich direkt aus den Socken gehauen, soviel Druck und Punch hatte der Bass. Zum anderen war da aber auch in den oberen Mitten etwas, was ich als sehr unangenehm und unnatürlich empfunden habe. Da der Blanc aber brandneu war als ich ihn bekommen habe (er war erst bei einem Tester vor mir), dachte ich mir, daß etwas Einspielen nicht schaden kann. Und ja, man kann dazu stehen wie man will: Ich hatte den Eindruck, daß die Einspielzeit (ca. 50h) das Unnatürliche im Sound weitgehend eliminiert hat.

Im Grunde ist der Blanc nämlich tonal sehr ausgeglichen. Der Bass ist zwar sehr prominent, aber nicht warm oder weich. Insgesamt ist die Abstimmung sehr energievoll, der Blanc geht vehement nach vorne. Er ist sehr klar, transparent und sehr hochauflösend. Neutral ist der Fourté aber definitiv nicht, und das ist auch gut so. Wer soviel Geld in die Hand nimmt, darf ruhig eine spektakuläreäre Abstimmung erwarten. Neutralere IEM gibt es für deutlich weniger Geld.

Bass
Zuerst ist da dieser beeindruckende Bass: Eine der besten Bassdarstellungen in einem IEM überhaupt.
Der Punch ist unglaublich druckvoll und auf eine unnachahmliche Art irgendwie Subwooferartig. Aber von der klaren Art, weder schwammig noch dröhnend. Knackig auf den Punkt mit mächtig Rumms.

Gerade bei schnellem Metalzeugs beeindruckt der 64 Audio Fourté Blanc mit überragender Trennschärfe und Präzision. Das Goodie on top: Gerade leise – finde ich – hat der Blanc einen unglaublich geilen Bass mit einer sehr klaren Präsentation.

Mitten
Auch in den Mitten weiß der Blanc voll zu überzeugen. Gesang kommt auf den Punkt, mit toller Klangfarbe und reichhaltigen Texturen. Stimmen klingen voll und ausgereift, Gitarren druckvoll und kräftig. Im Bereich der oberen Mitten / unteren Höhen klingen mir HiHats allerdings manchmal immer noch etwas künstlich.

Höhen
Auch im Bereich der Höhen verzaubert der Blanc mit einer tollen Abstimmung. Klar und präzise, extrem detailliert und meistens smooth gleichermaßen. Allerdings – ich habe es schon bei den Mitten angedeutet – schießt er gelegentlich etwas über das Ziel hinaus. Wenn sehr viel Blech sehr hart crasht, dann kann der Blanc etwas shouty werden. Das passiert relativ selten, und wer keinen Metal & Rock hört, kann hier vollends aufatmen. Echte Metalheads hingegen sollten eher beim U12t schauen.

Bühne
Der 64 Audio Fourté Blanc klingt sehr offen, räumlich und plastisch. Definitiv nicht wie ein beengter, geschlossener InEar! Die eingebaute Apex Druckentlastung leistet wieder mal erstklassige Arbeit. Des weiteren offenbart die Klangbühne eine beeindruckende Weite und Tiefe, spannt eine dreidimensionale Soundkulisse auf und sorgt für eine überaus luftige Präsentation.

Separation
Die Reinheit und Klarheit der tia Treiber sorgen für ausgesprochen klar differenzierte Spuren im Mix und ermöglichen präzises Analysiere und Eintauchen in die Musik. Allerdings ist hier ein U12t noch etwas präziser und vor allem entspannter in der Darstellung. Technisch macht der Fourté aber trotz seines Alters immer noch eine sehr gute Figur. Er eignet sich unterm Strich aber mehr zum genußvollen Musikhören als zum analytischen Arbeiten.

Genre Tauglichkeit
Vielen IEM im oberen Preisbereich kann man eine gewisse Genre-Flexibilität bescheinigen. Der Blanc ist da etwas zweischneidig und mein bevorzugtes Genre Rock & Metal ist kritisch. Einerseits ist da dieser fulminante Bass, der mit seiner Agilität und Power sehr gut für Metal geeignet ist. Andererseits ist diese gewisse unnatürliche Harschness im unteren Höhenbereich bei Becken, die mich stört – schade.


64 Audio Fourté Blanc vs. 64 Audio Duo

Auch wenn der Duo preislich weit weg ist vom Fourté, so soll er für diesen Vergleich hergenommen werden. Denn genau wie der Fourté ist der Duo ein Hybrid-IEM mit dynamischen und Balanced Armatur Treibern. Und meiner Meinung nach ist er ein ziemlicher Kracher, der oft unterschätzt wird. Hier findet ihr mein Review zum Duo.

Tonal sind beide recht weit voneinander entfernt. Der Duo ist wärmer und weicher, der Blanc kickt dafür im Bass deutlich härter, geht dafür nicht so tief runter. In den Mitten ist der Duo ebenfalls wärmer und dicker, der Blanc ist mehr straight forward, In den Höhen ist der Blanc strahlkräftiger und löst somit auch deutlich besser auf. Daß dies seinen Preis haben kann, habe ich oben erwähnt. Hier gibt sich der Duo viel unkomplizierter – er klingt immer natürlich und authentisch.

Trotzdem ist der Blanc unterm Strich der technisch bessere IEM, der dank zweier tia Treiber über eine deutlich akkuratere Instrumentenseparation und damit auch deutlich mehr Details verfügt als der Duo.

64 Audio Fourté Blanc vs. 64 Audio U12t

Ein Vergleich mit dem U12t darf nicht fehlen – ist er doch einer meiner absoluten Favoriten. Technisch unterscheiden sich beide bei der Wahl der Systeme. Der U12t ist ein reiner Multi-BA IEM – in ihm werkeln insgesamt 12 BA Treiber. Der Blanc setzt hier auf deutlich weniger Treiber und darüberhinaus im Bassbereich auch auf einen dynamischen Treiber.

Der U12t ist sowohl tonal als sich technisch einer der besten Inears die ich kenne. Er ist sehr ausgeglichen und besitzt für einen BA IEM einen erstaunlich organischen Bassdruck. Technisch ist er brilliant mit einer erstklassigen Instrumentensaparation und unerreichten Klarheit. Eine breite und weite Bühne runden das Bild ab.

Der Fourté Blanc ist tonal wärmer, geht auch einen Hauch mehr in die spaßige Ecke mit einem nochmals autoritärerem Bassdruck, mehr Durchschlagskraft und Rumble und auch deutlich mehr Pegel in den oberen Registern. Insgesamt wird seine Abstimmung dadurch viel spektakulärer, dafür aber auch weniger universell und langzeittauglich.


Fotos


Fazit

Klar, 64 Audio ist eine Premium Marke. Aber mit einem Preis von 4.400€ ist der Fourté Blanc schon extrem teuer ausgepreist – auch wenn das natürlich immer relativ ist. Die Frage, ob er diesen Preis wert ist, beantworte ich deshalb an dieser Stelle nicht allgemeingültig. Zu unterschiedlich mögen da die persönlichen Parameter eines jeden sein. Mir persönlich wäre er zu teuer, für den Preis ist er nicht weit genug weg von anderen hochpreisigen IEM und hat diese Schwäche bei Metal (für mich)..

Sicher ist er einer der besten Inears, die man aktuell kaufen kann, das ist keine Frage. Mit seinem unwiderstehlichen Bass und dem endgeilen Subwoofer-Rumble löst er auch in mir einen starken „Haben-Wollen-Reflex“ aus.

Wer einen belastbaren Preishorizont hat, für den dürfte der 64 Audio Blanc eine Endstation auf der Suche nach dem perfekten Inear sein. Der Blanc ist definitiv ein Ausnahme-Inear.

64 Audio Fourté Blanc | Bewertung

9.1

Sound

10.0/10

Verarbeitung

10.0/10

Tragekomfort

9.0/10

Preis/Leistung

7.5/10

Pros

  • Endgeiler Bass
  • Subwoofer-like Tiefbass
  • Erstklassiges Kabel
  • Mitreißender Sound
  • Edles und gutes Kabel

Cons

  • Manchmal etwas shouty bei harter Musik
  • Sehr teuer