Fostex. Diese Marke ist maßgeblich verantwortlich, daß ich dem Kopfhörer Virus vollends verfallen bin. Der Fostex TH-X00 war mein erster „echter High-End“ Kopfhörer. Heute, gut 9 Jahre später, liegt der Fostex TH808 vor mir und wartet auf meine Eindrücke. Was der offene Dynamik kann, das lest ihr – wenn ihr mögt – hier.

Inhalt
[Werbung] Den Fostex TH808 habe ich leihweise für diesen Test vom deutschen Vertrieb zur Verfügung gestellt bekommen. Vielen Dank!
Fostex
Die japanische Firma Fostex ist durch professionelle Studiotechnik wie Bandmaschinen, Studiomonitore, Mischpulte und dgl. bekannt geworden. Die Kopfhörer fanden erst später Beachtung. In den letzten Jahren konnte Fostex vor allem mit Kopfhörern mit bestimmten dynamischen Treibern aus Bio-Zellulose Anerkennung erreichen. Bekanntestes Modell dürfte hier der geschlossene TH900 und sein Nachfolger TH900 MKII sein. Das von mir eingangs erwähnte Modell X00 ist aus einer Zusammenarbeit mit der amerikanischen Shopping Community Drop (früher Massdrop) entstanden. Neben dem TH900 gibt es noch eine offene Version, den TH909.
Fostex TH808
Mit dem Fostex TH-808 liegt ein aktuelles Modell der Reihe in offener Bauart vor. Preislich bewegt man sich mit gut 1.500€ unterhalb des TH900/TH909, obwohl der 808 auf dem 909 basiert. D.h. er verfügt über die gleichen Treiber, ist aber in der tonalen Abstimmung modifiziert.
Die Treiber aus Bio-Zellulose – Fostex nennt sie „Biodyna“ – messen 50mm im Durchmesser. Neben dem namengebenden Werkstoff kommen weitere Materialien zum Einsatz. Die Kombination des leichten Materials mit einem starken magnetischen Antrieb (Flussichte 1.5 Tesla), verleiht dem Treiber ein exzellentes Transientenverhalten durch schnelle Ansprache. Dies ist die Grundlagen des typischen, dynamischen Klangs mit einer organischen, elastischen Basswiedergabe.
Verpackung & Lieferumfang
Der Fostex TH808 kommt in einer recht schlichten Pappschachtel mit überschaubarem Lieferumfang. Neben dem Kopfhörer befindet sich ein 3m langes Kabel und ein Transportbeutel im Lieferumfang. Ein Case gibt es nicht.
Technische Daten
Hier der Vollständigkeit halber die technischen Daten des Fostex TH808:
- Treiber: Dynamisch, 50mm BIODYNA
- Bauweise: Offen
- Impedanz: 25 Ohm
- Empfindlichkeit: 96dB (@1kHz, 1mW)
- Frequenzgang: 5 Hz – 45 kHz
- Max. Eingangsleistung: 1.800mW
- Gewicht: 370g (ohne kabel)
- Kabel: 3 m, abnehmbar
- Stecker: 2-Pin, Rhodium-beschichtet auf 6,3 mm Stereoklinke, vergoldet
- Zubehör: Ledertasche, Handbuch
[Quelle: https://www.fostexinternational.com]
Design & Verarbeitung
Das Auge hört mit und ein Kopfhörer sollte auch nach einigen Jahren noch gut funktionieren. Bei Fostex sehe ich hier keine Probleme. Die archetypische und minimalistisch Gestaltung ist mittlerweile ebenso charakteristisch für die Modelle der Japaner wie zeitlos schön.
Kopfhörer
Das Design der Fostex Kopfhörer aus der Premium Line ist seit Jahren relativ konstant. Die runden Treibergehäuse sind entweder geschlossen oder wie hier mit einer offenen Konstruktion versehen. Im Falle des TH808 hat man das Gitterdesign des TH909 übernommen. Die Cups sind aus Walnuss-Holz gefertigt und sind tadellos verarbeitet. Überhaupt ist die gesamte Konstruktion und Verarbeitung auf bewährt hohem Niveau. Die Bügelkonstuktion kenne ich schon von meinem TH-X00. Die Verwendung von Holz und Metall wird der Positionierung im Premium Bereich gerecht. Kunststoff wird nur sehr spärlich eingesetzt – trotzdem bleibt das Gewicht angenehm niedrig.
Kabel
Das Kabel macht unmissverständlich klar, wo der Fostex eingesetzt werden will. Wer nicht im Wohnzimmer an der Anlage oder einem großzügig dimensioniertem Hörplatz genießen kann, ist aufgeschmissen. Mit einer Länge von 3 Metern, einem Durchmesser von knapp 6mm und einem fetten 6.3mm Stecker kannst Du damit nicht rumlaufen. Und auch am Schreibtisch ist es eigentlich nur im Weg. Entweder wird es auf dem Boden liegend vom Bürostuhl überfahren oder es liegt auf der Tastatur rum. Gut daß es abnehmbar ist. Schlecht, daß die Stecker proprietäre sind. Kabel von Fremdherstellern sind also rar.
In dieser Preisklasse erwarte ich eigentlich zeitgemäße Verbindungstechnik – wie z.B. einen 4.4mm Stecker. Mir 25Ω und 96 dB ist der TH-808 nämlich definitiv auch sehr gut an mobilen Audioplayern zu betreiben. Der dicke 6.3mm Stecker mag von guter Qualität sein, kommt mir aber wie ein Relikt aus längst vergangenen Zeiten vor.
Tragekomfort
Vom Kabel abgesehen, welches selbstverständlich auch auf den Komfort und das Handling einen erheblichen Einfluss hat, ist der Fostex TH808 sehr komfortabel für mich. Die Pads sind super-soft und der Kopfhörer ist auch angenehm leicht. Der Kopfbügel ist allerdings nur wenig gepolstert. Für mich kein Problem, empfindliche Zeitgenossen könnte das aber vor allem bei längerer Nutzung stören.

Den Anpressdruck empfinde ich als sehr moderat. Raumgreifendes Headbangen ist definitiv nicht machbar. Für stundenlanges, entspanntes Hören aber genau richtig und ganz nach meinem Geschmack.
Die Bügelverstellung hat sich über viele Jahre bewährt und funktioniert auch tadellos. Die Rasterung könnte etwas fester sein, beim Abnehmen des Kopfhörers verstellt sie sich schon mal, ist aber genau so schnell wieder justiert.
Klangqualität
Direkt bei den ersten Tönen fühlt es sich an wie das Wiedersehen eines alten Freundes. Der typische, charakteristische Bass hat sich wohl für immer in mein akustisches Langzeitgedächtnis eingebrannt. Und ob offen oder geschlossen – dieser Bass ist einfach legendär. Doch der TH808 kann natürlich mehr als nur einen richtig guten Bass. Viel mehr!
Aber der Reihe nach. Gehört habe ich den 808 hauptsächlich am Schreibtisch, dort stehen bei mir aktuell immer noch und schon seit langer Zeit der Questyle CMA Fifteen (Test) und der Violectric V226 (Test V222). Bei den Tuben durfte der Feliks Audio Euforia Evo (Test) zeigen, was er zusätzlich aus dem offenen Fostex rausholen kan. Last but not least: Klar, daß der Kopfhörer auch an meinen mobilen Playern ran durfte. So am iBasso DX320 Max (Test) und am Astell & Kern KANN Max (Test).
Der Fostex TH-808 skaliert mit guter Hardware, auch wenn er bereits am KANN Max Thon hervorragend aufspielt. Die Separation und Auflösung nehmen aber ebenso wie die Konturenschärfe und Detailauflösung bei Transienten nochmal deutlich zu, sobald man stationäre Geräte wie den Questyle anklemmt. Königsklasse ist allerdings wie so oft der Feliks Euforia. Mit ihm wird der Fostex nochmals aufgewertet, was in einem insgesamt noch mitreißenderem und gleichzeitig homogeneren Klangbild resultiert.

Was neben dem herausragendem Bass noch auffällt, ist der Detailreichtum – der mich sofort an meinen Denon D9200 erinnert. Dieser teilt ähnliche Gene und die Denen Kopfhörer können als nahe Verwandte des Fostex Stammes betrachtet werden, da sie einen ähnlichen Treiber verwenden.
Dazu kommt eine dezente Wärme und behutsam abgesenkte Mitten, die zwar immer noch genug Präsenz liefern, um Stimmen und prägnante Gitarren nicht in den Hintergrund treten zu lassen, aber auf der anderen Seite einen wichtigen Beitrag zur „HiFi“-mäßige Tonalität des 808 leisten.
Und genau das ist der Fostex TH808 – Eindeutig ein Hi-Fi Kopfhörer! Auch wenn er sehr gut auflöst und neben seiner wirklich hochwertigen und druckvollen Basswiedergabe auch eine tolle Instrumentenseparation und eine umwerfend gute Bühnenabbildung liefert, so ist er genau deshalb kein Studiomonitor! Das will er auch nicht sein, und das ist gut so! Er gefällt rundum als sehr angenehm zu hörender Allrounder, der eigentlich mit allen Genres klarkommt und jede Hörsession zu einem wahren Genuss macht.
Bass
Ich habe es oben ja schon angerissen: Der Bass des TH808 ist schlicht fantastisch und verfügt über eine herausragende Qualität. Druck und Punch kommen mit der für diese Treiber charakteristischen Plastizität ans Gehör und vermitteln ein echtes Live Feeling. Bassdrums sind ein Traum und stellen auch schnell gespielt keine nennenswerte Herausforderung dar – der Fostex bleibt immer kontrolliert.
Mitten
Im für die Tonalität eines Kopfhörers überaus wichtige Mittenabstimmung geht der Fostex auf Nummer sicher. So sind sie leicht abgesenkt und stellen damit den unteren und oberen Frequenzbereich gekonnt in den Fokus. Instrumente oder Stimmen bleiben dabei aber präsent und natürlich.
Höhen
Detailliert, sauber und hochauflösend – aber immer smooth! Das beschreibt die Höhen wohl am treffendsten. Im Vergleich zum Denon D9200 ist der Fostex TH808 im oberen Frequenzspektrum etwas zurückgenommen, was allerdings der Detailfülle bei klanglichen Texturen keinen Abbruch tut. Im Gegenzug bleibt der Klang aber absolut langzeittauglich und super angenehm.

Bühne
Absoluter Volltreffer. Breit, räumlich, dreidimensional. Die Bühne des TH808 ist herausragend – das Stereopanorama wird beeindruckend expansiv aufgespannt. Ein Sennheiser HD800s bleibt in dieser Disziplin zwar weiterhin, aber der Fostex ist ihm wirklich dicht auf den Fersen. Und: Kann die Bühne des Sennheiser manchmal etwas übertrieben wirken, habe ich beim Fostex diesen Eindruck bisher nicht gehabt.
Separation & Auflösung
Aufwendig produzierte Werke meistert der Denon mit Leichtigkeit. Selbst feinste Nuancen im Mix werden klar herausgearbeitet, und jedes Instrument lässt sich mühelos verfolgen. Gitarrenriffs entfalten eine beeindruckende Griffigkeit, während bei mehrstimmigem Gesang die Stimmen der einzelnen Sänger präzise voneinander unterscheidbar bleiben.
Isolation
Aufgrund des offenen Prinzips lässt der Treiber den Schall in alle Richtungen. Hören in lauten Umgebungen ist somit eher nicht empfehlenswert. Ebenso in der anderen Richtung: Personen neben dem Hörer könnten sich durch die austretenden Klänge gestört fühlen.
Fotogalerie
Fazit
Was der Denon D9200 in der geschlossenen Variante, das ist der Fostex TH-808 in der offenen Version. Er behält diesen wunderbar kickenden, organischen Basspunch, der mittlerweile legendär ist für eine ganze Kopfhörergeneration aus dem Hause Fostex. Dieser Bass, kombiniert mit der räumlichen Detailwiedergabe und der natürlichen Tonalität mit einem leichten Schuss Wärme macht den 808 zu einem grandiosen HiFi-Kopfhörer.
Wer entspanntes Hören statt akribischem Analysieren bevorzugt, wer sich tief in seiner Musik verlieren will statt todernst auf jedes noch so kleine Detail zu achten, der wird im Fostex TH808 einen überaus universellen und vor allem fantastisch klingenden Kopfhörer finden.