Ich weiß gar nicht wie lange der Xelento schon auf meiner Liste steht – es sind gefühlte Ewigkeiten. Das InEar Flaggschiff von Beyerdynamic ist ein herausragender InEar – seit er hier ist zieht er mich in seinen Bann. Entgegen dem aktuellen Trend, immer mehr Treiber zu verbauen und das am Ende als Rechtfertigung für immer höhere Preise zu verkaufen, setzt Beyerdynamic hier gewohnt bodenständig auf einen einzigen, dynamischen Treiber. Preislich bleibt man unter 1.000€ für die kabelgebundene Variante und unter 1.200€ für den Wireless-Xelento. Immer noch eine verdammte Menge Kohle – aber um es vorwegzunehmen: Der Xelento ist es wert. Warum und wieso ich ihn mittlerweile zu meinen Lieblings InEars zähle, das könnt ihr hier nachlesen!


[Werbung] Der Xelento wurde mir für diesen Test leihweise von Beyerdynamic zur Verfügung gestellt. Vielen Dank!


Der Beyerdynamic Xelento

Ich habe ihn bereits 2018 auf der ifa gehört. Danach mehrfach versucht, ihn über meinen Pressekontakt als Demo zu bekommen – leider ist daraus nie etwas geworden. Zufälligerweise sprach mich aber kürzlich ein Kopfbox Leser – danke Andy! – an und hat mir einen Kontakt direkt bei Beyerdynamic vermittelt. Und so bin ich nun endlich zu einem Testgerät gekommen.

Auf den ersten Blick könnte man meinen, daß der Xelento zu einer aussterbenden Art gehört. Tritt er doch mit nur einem Treiber an in einem Umfeld, wo das Wettrüsten um die maximale Anzahl an Treibern in den Minigehäusen oftmals vergessen lässt, daß es nicht auf die schiere Menge an Technik im InEar geht. Es zählt, was vorne rauskommt!

Beyerdynamics Tesla Technologie ist schon lange von deren großen Kopfhörern bekannt und bewährt. Für den Xelento hat man diese Technologie geschrumpft und in zwei kleine Ohrhörer gepackt. Die in Deutschland von Hand gefertigten Xelento gibt es in zwei Ausführungen bzw. mit zwei verschiedenen Lieferumfängen: Eine Variante „Xelento remote“ mit normalem Audiokabel und eine „Xelento wireless“ mit einem zusätzlichen Bluetooth-Kabelmodul. Während man mit der Kabelvariante mit 999€ knapp unter der 1.000€ Marke bleibt, schlägt die Wireless-Edition mit 1.199€ zu Buche.

Das Bluetooth-Kabel kann aber noch mehr, als nur Musik drahtlos zu empfangen. Mittels der MIY App (ehemals mimi) kann ein Hörtest gemacht werden und der Klang individuell auf die Ergebnisse abgestimmt werden.


Lieferumfang und Verpackung

Der Lieferumfang in der stabilen Pappschachtel ist reichlich. Neben dem InEar – die gleich zwei Juwelen auf der obersten Ebene der Schachtel präsentiert werden – befinden sich zwei Kabel und jede Menge verschiedene Aufsätze (7 Paar Silikon!! und 3 Paar Schaumstoff) in der Box darunter. Außerdem gibt es im Lieferumfang ein Transportcase, einen Clip und 1 Paar Ersatz Cerumen-Schutzgitter. Bemerkenswert hier ist vor allen die große Auswahl an Silikontips – hier ist vermutlich wirklich für jeden was dabei. Aber mehr dazu später….die große Auswahl hat mich zuerst auf eine falsche Fährte geschickt….)

Hier der Lieferumfang:

• In-Ear-Kopfhörer Xelento wireless
• Bluetooth® Anschlusskabel mit Fernbedienung
• Klinken-Anschlusskabel mit Fernbedienung, Klinke 4-pol. 3,5 mm
• Ladekabel USB-A auf Micro-USB
• Sieben Paar Ohrpassstücke aus Silikon
• Drei Paar Ohrpasstücke aus Schaumstoff (Typ ComplyTM Tx-500)
• Klammer zur Befestigung des Kabels an Kleidung
• Klammer zur Befestigung des Akkupacks an Kleidung
• Etui zur Aufbewahrung
• Ein Paar Ersatz-Schutzgitter
• Kurzanleitung


Technische Daten

  • AKUSTISCHE BAUWEISE: Geschlossen
  • ÜBERTRAGUNGSART: Drahtlos über Bluetooth®
  • FERNBEDIENUNG: Universal 3-Knopf Fernbedienung
  • NENNIMPEDANZ: 16 Ohm
  • ÜBERTRAGUNGSBEREICH: 8 – 48.000 Hz
  • KENNSCHALLDRUCKPEGEL: 110 dB (1 mW / 500 Hz)
  • UNTERSTÜTZTE BLUETOOTH-PROFILE: HSP, HFP, A2DP, AVRCP, GAVDP
  • AUDIO-CODECS: aptX™, aptX™ HD, AAC, SBC

Design und Verarbeitung

Die Verarbeitung der InEars ist dem Preis entsprechend erstklassig. Das hochglänzende und solide Metall-Gehäuse sieht edel und robust gleichermaßen aus. Die MMXC Anschlüsse rasten satt mit einem Klicken ein. Die Kabel wirken leider etwas störrisch. Vor allem das normale Kabel dürfte gern hochwertiger (geflochten, weicher) sein. Rein technisch bestimmt vollkommen in Ordnung, aber haptisch und optisch bin ich mittlerweile von chinesischen Herstellern für deutlich weniger Geld Besseres gewohnt. Tip: Die Kabel von Linum passen hervorragend zum Xelento!
Die Technik des Bluetooth Kabels ist in einem zylindrischen Gehäuse aus Aluminium untergebracht. Geladen wird das Ganze noch über einen nicht mehr ganz zeitgemäßen Micro-USB Anschluss – hier wird ein Nachfolger hoffentlich auf USB-C setzen.


Tragekomfort

Die Trageweise des Xelento ist an die von CIEMs angelehnt, sprich man trägt die Xelento mit Kabel über dem Ohr. Das ist nicht jedermanns Sache und erfordert etwas Übung, bietet aber einen sicheren und festen Halt. Aber ich bin auf etwas ganz anderes „reingefallen“…..
Die Beyerdynamic Tips sind nicht rund so wie die meisten Silikontips, sondern oval und zusätzlich asymetrisch.
Trotz reichlich InEar Erfahrung habe ich bei meinen ersten Versuchen erstmal gründlich daneben gegriffen und hätte den Xelento fast ungetestet retour geschickt. Was habe ich falsch gemacht?
Nun, ich habe – erstmal mit grobem Augenmaß geschaut, welche Tips passen könnten und habe direkt zu den Silikontips in Größe 2XL gegriffen. Normalerweise benutze ich bei den klassischen runden Silikontips eher die mittlere Größe. Die 2XL erschienen mir aber recht passend – eine Nummer kleiner zu gehen kaam mir nicht in den Sinn. Doch selbst mit diesen habe ich immer noch keinen vernünftigen Seal erreicht. Also probierte ich es mit den 3XL. Aber auch hier wurde ich enttäuscht und ein richtiger Klang wurde nur erreicht, wenn ich die InEars manuell etwas weiter in Ohr gedrückt habe. Da ich ja selbst mit den größten Tips keinen vernünftigen Seal bekommen habe, dachte ich nicht im Traum daran, es ein paar Nummern kleiner zu probieren. Erst als ich dann die L Tips probierte, stellte sich endlich ein richtig guter Seal ein und dieser wurde dann mit den XL Tips perfekt. Ich kann also nur den Tipp geben: Beschäftigt euch ausgiebig mit den verschiedenen Silikontips und probiert – wenn der Klang nicht perfekt ist – möglichs so lange durch, bis es passt. Beyerdynamic empfiehlt, mit der Größe M zu beginnen und sich vorzuarbeiten. Ich ich kann an dieser Stelle echt nur bestätigen: Ausprobieren, ausprobieren, ausprobieren!

Quelle: Beyerdynamic

Hat man aber erst einmal die passenden Tips gefunden, wird man durch einen saubequemen Sitz belohnt. Und das völlig ohne das von anderen InEars oft bekannte Fremdkörpergefühl. Denn die Xelento sitzen nicht wirklich tief im Gehörgang und bieten so einen überaus komfortablen Sitz.


Funktionen und Bedienung

Zur Bedienung gibt es im Kabelbetrieb nicht viel zu sagen, die Xelento funktionieren halt so, wie InEars mit Kabel und Kabelfernbedienung funktionieren… ;-)

Am Bluetoothkabel jedoch entwickeln sich die Xelento zusammen mit der MIY App zu einer technischen Spielerei mit durchaus sinvoller Raffinesse. So kann mittels Appp erst einmal eine Art Hörtest gemacht werden, anhand dessen gewisse Eigenschaften und Defizite des eigenen Gehörs festgestellt werden können. Danach hat der Anwender die Möglichkeit, mögliche Hörschwächen mittels Klanganpassung im InEar auszugleichen. Das Besondere hierbei : Das Profil wird im Modul gespeichert. D.h. selbst bei Kopplung mit einem Bluetooth Abspielgerät ohne App wird die Klangpersonalisierung beibehalten. Ich bin kein Freund von Klangtuning, aber diese Anpassungen machen schon durchaus Sinn. Den Grad der Anpassung stellt man mittels Scheiberegler ein. Ich wähle die goldene Mitte, damit klingt es für mich am Besten.

In der aktuellen Version der App steht zusätzlich noch eine Art „Hear-Through“ Funktion beim Telefonieren und ein Equalizer zur Verfügung.


Klang

Ich gebe es gern zu: Ich mag einfach den Klang eines dynamischen Treibers. Deswegen zählen auch die Sennheiser IE800S immer noch zu meinen Favoriten. Denn obwohl es mittlerweile die verschiedensten BA-Multitreibersysteme und Hybride Lösungen gibt, bin ich von der Natürlichkeit und Homogenität einer Single Driver Variante immer wieder fasziniert. Und der Klang, welcher der miniaturisierte Tesla Treiber produziert, ist schlicht großartig.

Die Klangsignatur würde ich als moderate V-Signatur beschreiben – mit deutlicher Ausprägung einer audiophil-spaßigen Komponente. Trotzdem bleibt der Klang erfreulich natürlich und geradlinig – nicht neutral, aber in bestem Maße ausgeglichen. Etwas erinnert mich dieser Klang sogar an meine Nubert Boxen, die – eigentlich auch recht neutral, aber trotzdem sehr involvierend – nie langweilig und dafür immer natürlich höchst druckvoll aufspielen.

Bass
Der Bass ist trocken und schnell. Perfekt geeignet für meine präferierte Musik: Rock und Metal. Bassdrums klingen satt und körperhaft, haben einen punchigen Attack und einen lebhaften, natürlichen Sustain. Die Klangfarbe ist überaus texturiert und vielschichtig. Verglichen mit dem Sennheiser IE800S steht der Xelento eindeutig für die Beyerdynamic Abstimmung: Klar, präzise, knackig. Das macht der Sennheiser zwar auch, jedoch klingt dieser für mich deutlich wärmer, musikalischer.

Mitten
Dem V-Shape folgend spielt der Xelento in den Mitten leicht zurückgenommen. Trotzdem werden Stimmen sehr präsent, klar und höchst detailliert wiedergegeben. Beachtlich ist ebenso die trennscharfe Instrumentenseparation – was harter Rock und Metall mit energischen und kräftig-fetten Gitarrenriffs belohnt.

Höhen
Die Höhen sind sehr äußerst detailliert und luftig, verfügen über eine tolle Präsenz, sind klar und durchsichtig. Nervige Spitzen konnte ich selbst bei alten, suboptimalen Metal-Produktionen nicht feststellen. Die Höhen sind für Beyerdynamic Verhältnisse sogar recht smooth – ohne an details und Strahlkraft zu verlieren. Toll!

Bühne
Die Klangbühne ist für einen geschlossenen InEar recht weit, wenn auch nicht riesig. Die Instrumentenstaffelung im Raum ist super, hier profitiert der Klang immens von der Schnelligkeit des Treibers und von dessen Separationsfähigkeit. Oftmals wird diese ja als Schwäche von dynamischen Treibern genannt, hier aber gibt es keine Nachteile gegenüber Balanced Armature Treibern.

Isolation
Hat man erst einmal den perfekten Sitz gefunden, so ist der Seal und die daraus resultierende Isolation vor Außengeräuschen als optimal zu bezeichnen.

Klanglich braucht sich der Xelento in keinster Weise hinter Mega-Multi-Mehrtreibersystemen zu verstecken. Im Gegenteil: Seine homogene und natürliche Klangsingnatur macht ihn zum perfekten Spielpartner für wirklich alle Genres. Aber gerade für harte Metalmusik finde ich ihn extrem überzeugend. Schnell, druckvoll und wirklich extrem feinzeichnend und hoch auflösend.


Fotos


Fazit

Wer den Beyerdynamic Sound mag, der wird auch den Xelento lieben. Eine klare und kraftvolle Wiedergabe zeichnen den Mini-Tesla aus. Beyerdynamic hat es geschafft, die Klangfaszination der großen Hörer auch in einen kleinen InEar zu implementieren. Ob es die Wireless Variante sein muss entscheidet jeder individuell. Die Anpassung mittels App ist gut, aber nicht zwingend notwendig. Mir gefällt der Xelento sowohl drahtlos als auch per Kabel.

Einer der aktuell besten, single Driver High-End InEars am Markt!


Beyerdynamic Xelento Wireless | Bewertung

9.5

Klang

10.0/10

Verarbeitung

10.0/10

Tragekomfort

9.0/10

Preis/Leistung

9.0/10

Pros

  • Erstklassiger Sound
  • Riesiger Lieferumfang
  • Bluetooth Funktion im Zusatzkabel
  • Toller Komfort
  • Klangpersonalisierung

Cons

  • Teuer
  • Muss perfekt sitzen
  • Beim Kabel geht noch was