Geht es um klanglich möglichst neutrale InEars, wird immer wieder der ProPhile von INEAR genannt. Der Universal-Fit Bolide Prophile 8 der deutschen Firma mit dem generischen Namen „InEar“ ist mittlerweile seit 5 Jahren am Markt und hat sich in dieser Zeit viele Fans erspielt. Ich selbst habe ihn bereits auf der CanJam in 2016 das erste Mal gehört. Danach hatte ich die Hörer von InEar irgendwie aus den Augen verloren. Aber nun endlich hat sich die Gelegenheit ergeben, den ProPhile 8 mal etwas ausführlicher hören zu können.



[Werbung] Der ProPhile 8 wurde mir für diesen Test leihweise von InEar zur Verfügung gestellt. Vielen Dank!


Der Inear ProPhile 8

InEar verspricht mit dem ProPhile 8 eine „Studio-Referenzabstimmung“. Um dies zu erreichen, hat man gleich acht Balanced Armature Treiber pro Gehäuse verbaut. Was natürlich heutzutage – wo es Modelle mit 18 und mehr Treibern gibt – keine große Sache mehr ist, war 2016 noch absolut exotisch.

Für die Aufteilung der einzelnen Frequenzbereiche sorgt eine 4-Wege Frequenzweiche. Der Clou des PP8 ist die Möglichkeit, den Klang abseits der linearen Referenzabstimmung seinen Vorlieben anpassen zu können. Dazu befinden sich zwei kleine Dip-Schalter im Gehäuse, mit denen sich der Tieftonbereich um + 3dB und der Hochtonbereich um +2dB ab 8 kHz anheben lassen können.

Varianten

Neben dem Original PP8 mit Klanganpassungsmöglichkeiten gibt es den InEar auch in den beiden „Haupt“-Signaturen „Referenz“ (beide Schalter aus) und „V-Signatur“ (beide Schalter an). Wer seine Lieblingsabstimmung also gefunden hat, der kann so auf die Schalter verzichten. Preislich liegen allerdings alle Varianten bei 1.499€. Insofern würde ich immer zur Version mit Schaltern greifen.


Lieferumfang und Verpackung

Meine Demohörer sind ohne Umverpackung gekommen. Die Inears in einem hochwertigen Pelicase (1030) und das Zubehör in einer kleinen schwarzen Pappschachtel. Das Case ist super: Stoßfest und wasserdicht. Man merkt, daß die Hauptzielgruppe von InEar immer noch der Profi-Musikschaffende ist und der Fokus auf möglichst bühnen- und tourtaugliche Accessoires ist unübersehbar. Im Pelicase sind die InEars sicher aufgehoben und halten einem rauhen Einsatz stand. Die beiliegende Trockenkapsel entzieht ihnen nach einem schweißtreibenden Einsatz mögliche Feuchtigkeit und sorgt so für eine lange Lebensdauer.

An Eartips liegen 2x drei Paar Silikontips bei: Einmal No-Names und ein Satz von Spinfit® Zusätzlich gibts noch3 Paar Foamies von Comply™. Ersatz-Cerumenfilter, Reinigungstücher und ein 6,3mm Klinkenadapter runden den Lieferumfang sinnvoll ab.


Verarbeitung und Design

Vom Design her sind die InEars der Firma InEar-Monitoring so ziemlich der klassische, generische InEar-Monitor. Das Acrylgehäuse ist fehlerfrei ausgeführt, es sind weder Lufteinschlüsse noch Grate oder sonstige Unregelmäßigkeiten auszumachen. Die Form scheint nahezu perfekt und alles fühlt sich haptisch hochwertig und robust an. Die Microschalter sind im Gehäuse vertieft eingelassen, so daß sie beim Tragen weder stören noch unbeabsichtigt betätigt werden können.

Den ProPhile 8 gibt es in matt schwarz und im für diesen Test vorliegenden Holzdesign Burl Wood. Die Varianten PP8 L und PP8 VS sind in den Holzvarianten verfügbar. Der PP8L in dunklem (Burl Wood Black), der PP8VS in braunem Farbton (Burl Wood Brown). Optional sind die InEars in einer kleineren Gehäusegröße »small« erhältlich.

Die vorliegende Version in Burl Wood sieht sehr klassisch konservativ aus. Das muss man schon mögen. Für mich persönlich hätte ich vermutlich eher die mattschwarze Variante genommen – oder das Burl Wood Black, wenn es denn für den PP8 verfügbar wäre, was es nicht ist. Hier sollte InEar flexibler sein und alle Finishes für alle Modelle anbieten.

Von der Verarbeitung her ist der InEar perfekt, die Holzmaserung ist individuell und macht so jeden Hörer zum Unikat. Die 2-Pin Stecker sitzen fest und sicher. Die zwei kleinen Dipschalter sind mit dem Reinigungswerkzeug gut zu bedienen und haben einen satten Druckpunkt.

Das beiliegende Standard-Kabel in schwarz ist ein professionelles Kabel für den harten Bühnen-Einsatz. Das Kabel ist sehr stabil, aber äußerst dünn und extrem flexibel. Mikrofonie ist in den Zuleitungen vorhanden, hält sich aber in Grenzen und spielt keine große Rolle. 

Das Kabel fällt locker und hat keinerlei Memory- oder Sprungfeder-Effekt. Insofern erfüllt es für mich persönlich alle Anforderungen, die ich an gute InEar Kabel stelle. Und ich mag es irgendwie ob seiner Einfachheit. 

Im Vergleich zu manch anderen Serienkabeln besteht hier aber rein optisch und noch Luft nach oben. Die Zielgruppe ist aber eindeutig der audiophile Enthusiast, der vermutlich sowieso sein eigenes Lieblingskabel bereithält.


Tragekomfort

Der PP8 kommt in einem ergonomischen geformten Gehäuse und sieht schon fast wie ein echter Custom InEar aus. Der ProPhile 8 sitzt in meinem Ohr absolut sicher und dichtet auch perfekt ab.

Im Lieferumfang befinden sich wie bereits erwähnt die Silikontips von SpinFit, welche bei mir schon immer für einen guten Seal sorgen. Noch besser (für mich!) wird es entweder mit den RHA Dual Density Tips oder den Final Audio E Tips.

Der PP8 wird mit dem Kabel über dem Ohr getragen. Dieses ist in dem Bereich, wo das Kabel über das Ohr geführt wird, entsprechend vorgeformt. Das Kabel ist extrem dünn und leicht. In Kombination mit der fantastischen Passform führt das zu einem absolut angenehmen und unauffälligen Tragekomfort – selbst über einen längeren Zeitraum.


Technische Daten Inear Prophile 8

Der Vollständigkeit halber hier die technischen Daten. Erwähnenswert finde ich die Kabellänge: Gut 20cm länger als die üblichen 120cm. Ansonsten keine großen Überraschungen. Mit 32 Ω nicht ganz so leicht anzutreiben, aber notfalls am Smartphone lauffähig.

System4-Wege-System, 8 Treiber pro Ohr, zwei Schalter zum Verändern der Klangsignatur
Übertragungsbereichca. 10 Hz–20000 Hz
Ausgangsschalldruck120 dB (SPL / 1mW@1 KHz)
Impedanz34 Ohm
Kabellänge140 cm

Klangqualität

Gehört habe ich den Prophile 8 an meinen aktuellen Geräten. Mobil kam der iBasso DX300 Max (Test) zum Einsatz, stationär hat der Questyle CMA400i am iMac seinen Dienst verrichtet.

Insgesamt kann der ProPhile 8 mit den beiden Kippschaltern auf vier verschiedene Klangsignaturen eingestellt werden. Wobei ich finde, daß es eigentlich nur zwei sind: Neutral und Bass & Treble angehoben. Entweder nur Bass oder nur Treble angehoben finde ich wenig konsitent und eher speziell.

Aber je nach Geschmack ist natürlich jede Einstellung legitim. Ich werde im folgenden aber lediglich auf die Varianten „L“ und „V“ eingehen, also beide Schalter aus (L=Linear) oder beide Schalter an (V=V-Signatur). Im Schwerpunkt und soweit nicht anders bezeichnet geht es um die Referenzabstimmung, meinen persönlichen Favoriten.

Die folgende Grafik habe ich mir von der Inear Webseite zusammengeklaut. Sie zeigt grob die verschiedenen Konfigurationen.

Quelle: inear.de

Also, wie klingt der Prophile 8 in der Referenzabstimmung mit beiden Schaltern aus?
Genau so, wie es der Hersteller verspricht: Ausgeglichen, präzise, linear und hochauflösend. Nicht umsonst ist der Inear auch bei der audiophilen Gemeinde äußerst beliebet, denn seine unglaublich präzise und neutrale Spielart weiß mit jeglichem Genre umzugehen und unbeeindruckt neutral seiner Arbeit nachzugehen.

Neutralität sollte aber keineswegs mit Langweiligkeit assoziiert werden, das habe ich ja schon oft hier ausführlich erörtert. Und so verhält es sich auch hier. Der ProPhile 8 klingt gerade deshalb so interessant und langzeittauglich, WEIL er einer Referenzabstimmung folgt. Wer mich kennt, der weiß, daß ich nicht mit EQ und Referenzkurven herumhantiere, sondern gern die verschiedenen Signaturen von Kopfhörern und InEars akzeptiere so wie sie sind – so wie mir auch viele Speisen munden und ich nicht immer nur das Gleiche essen möchte.

Und manchmal schmeckt eben genau das am Besten, wo nicht sofort klar ist, womit es gewürzt ist. Der ProPhile 8 ist so ein Gericht: Das Ergebnis schmeckt vorzüglich, obwohl nichts hervorsticht.

Bass
Im Bassbereich ist der PP8 perfekt dosiert, er ist weder boomig noch dröhnend, aber auch nicht zurückhaltend oder flach. Und auch wenn die Aufnahme ganz unten noch Anteile zur Verfügung stellt – der PP8 macht sie hörbar. Auch von der technischen Seite her betrachtet lassen die BA Treiber im Tieftonbereich nix anbrennen. So sind Bassdrum-Kicks wunderbar punchig und je nach Drumtuning entweder mit extrem kurzem Decay oder aber mit langem und texturiertem Sustain gesegnet. Und das alles zusätzlich einer impulsiven und knackscharfen Ansprache.

Mitten
In den Mitten höre ich eine sehr ausgeglichene und natürliche Wiedergabe von Stimmen einerseits und Instrumenten andererseits. Auch wenn hier mehr Treiber für die Wiedergabe verantwortlich sind, so erinnert mich die Tonalität sehr an den Zeitgeist. Dieser ist nur eine Nuance wärmer im Bereich der unteren Mitten im Übergang zum Bassbereich. Aber die Instrumentenseparation gerade bei progressiven Metal- und Rocksachen ist beeindruckend und erlaubt analytisches und genußvolles Hören gleichermaßen.

Höhen
Die Höhenwiedergabe schließt sich ohne Bruch an die Mitten an und fasziniert mit einer Klarheit und Details auf sprichwörtlich höchstem Niveau. Insgesamt aber wohlkontrolliert und soweit eingebremst, daß es keine nervigen Peaks oder Zischlaute gibt.

Bühne
Die Bühnendarstellungmeistert der PP8 mit einer naturgetreuen Darstellung. Hier scheint nichts künstlich auseinandergezogen oder komprimiert zu werden. Die Positionierung von einzelnen Instrumenten auf der imaginären Bühne gelingt ihm äußerst gut und vor allem sehr präzise. Somit schafft er eine glaubhafte Dreidimensionalität und damit ein liveartiges Erlebnis. Einmal mehr stellt der InEar hier seine abgeklärte Professionalität unter Beweis.

Separation & Auflösung
Die acht Treiber spielen so grandios zusammen, daß es keinerlei hörbare Übergänge gibt. Alles geht Hand in Hand und wirkt wie aus einem Guß. Selbst dichteste Bombast-Rock Produktionen bringen den Multitreiber-InEar nicht an seine Grenzen. Immer ist klar und deutlich herauszuhören, was gerade jedes einzelne Instrument spielt. Daß am Ende alles so kohärent klingt, ist der meisterhaften Abstimmung geschuldet. Wer es nicht weiß, der würde wohl keine acht Treiber im Verbund vermuten..

Isolation
Ein Wort? Perfekt!
Aufgrund der oben bereits angesprochenen sehr guten anatomischen Gehäuseform und der daraus resultierenden optimalen Passform (bei mir), ist die passive Geräuschisolierung nahezu perfekt. Selbstverständlich sind alle Ohren anders, so dass man letztenendes selbst herausfinden muss wie wie gut der Kopfhörer sitzt. Die Form der Gehäuse ist aber anscheinend über lange Jahre so perfektioniert worden, dass hier ein guter Fit für möglichst viele Ohren erreicht wird.


Fotos


Fazit

Seit langer Zeit gilt der InEar Prophile 8 als das Maß der Dinge im universal IEM Bereich. Nun weiß ich, warum das so ist und warum er das wohl auch noch eine ganze Weile bleiben wird.

Während viele aktuelle Multi-BA Systeme – mit gutem Recht – eher eine gewisse individuelle klangliche Abstimmung, nicht selten hin zu einer mitreißenden und eher „spaßigeren“ Neutralität aufweisen, bleibt der Prophile 8 komplett abgeklärt und unbestechlich. Er geht unbeeindruckt geradeaus, sowohl im Frequenzgang als auch in der Tonalität. Diese Neutralität machen ihn zum universellen Werkzeug. Ob im Studio, auf der Bühne oder dem Sofa: Der PP8 reproduziert Musik so, wie sie auf der Aufnahme ist – nicht mehr und nicht weniger.

Der Prophile 8 verdient das Prädikat „Referenz-InEar“ mit jeder Note und stellt im Gesamtpaket eine highendige InEar Lösung sowohl für Musiker, Musikproduzierende und auch audiophile Käufer dar.


Inear ProPhile 8 | Bewertung

9.7

Sound

9.8/10

Verarbeitung

10.0/10

Tragekomfort

9.8/10

Preis/Leistung

9.0/10

Pros

  • Referenzklang
  • Sehr gute Passform
  • Detailiert und Präzise
  • Klang anpassbar

Cons

  • Wenig Designauswahl