Sennheiser ist eher für seine offenen Kopfhörer bekannt. Obwohl man schon immer auch geschlossenen Varianten im Angebot hatt, waren diese eher rar gesäht. Nun kommt mit dem HD620S ein frischer Vertreter dieser Gattung in der 600er Serie – zumindest der Nomenklatur nach. Was der neue kann, wie er klingt und ob er der geschlossene HD600 ist – das lest ihr hier!


[Werbung] Der Sennheiser HD620S wurde mir von Sennheiser für diesen Test zur Verfügung gestellt.


Ich glaube man kann mit Fug und Recht sagen, daß die 600er Serie von Sennheiser deren bekannteste Modelle beinhaltet. Denn kaum ein anderes Modell ist wohl zu solch einer Ikone geworden wie die Kopfhörer aus dieser Serie, allen voran der HD600. HD650, HD6XX (Massdrop), HD660S/HD660S2 und nun ein HD620S. Nachdem ich mir erst kürzlich den legendären HD600 im Sennheiser Outlet gekauft habe, bin ich umso mehr gespannt, wie sich der brandneue HD620S in die ruhmreiche Reihe einsortiert.

Sennheiser HD620S

Der Sennheiser HD 620S ist ein geschlossener Kopfhörer, der es laut Hersteller schafft, die besten Eigenschaften beider Bauprinzipien zu vereinen. Er kombiniert die weite Bühne, hohe Transparenz und offenen Klang – was man typischerweise von offenen Kopfhörern erwartet – mit der guten Geräuschisolierung und dem i.d.R. kraftvollen Bass geschlossener Modelle. Diese geschickte Balance macht ihn ideal für anspruchsvolle Hörer und Gamer, die sowohl ein immersives, detailreiches Klangbild als auch die Möglichkeit schätzen, in lauten Umgebungen ungestört Musik zu genießen oder zu zocken. Hochwertige Materialien und erstklassiger Tragekomfort runden das Gesamtpaket ab. Mit einen Verkaufspreis von rund 350€ ist er zudem noch sehr fair ausgepreist.


Verpackung & Lieferumfang

Der HD620S kommt in einer ähnlichen Umverpackung wie der HD660S2. Im Vergleich zu den früheren Schachteln hat man hier Ressourcen gespart und setzt auf ein Innenleben aus passend gefaltetet Pappe, um den Kopfhörer zu platzieren. Vorbei sind die Zeiten, wo man hier noch ausgeschnittenen Schaumstoff vorgefunden hat. Okay, Sustainability ist wichtig – insofern geht das in Ordnung. Der HD620S kostet UVP 349€ und ist damit in etwa auf dem Preisniveau eines HD600.

Neben dem 1.8m langen Kabel mit 3.5mm Klinkenanschluss und Adapter auf 6.3mm liegt ein dünnes Stofftäschchen bei. Im Vergleich zur Konkurrenz, die gerne mal ein richtiges Case dazupacken, muss Sennheiser hier immer noch nachbessern. Okay, der HD620S ist vermutlich mit seinen 150Ω sowieso nicht als mobiler Hörer vorgesehen – obwohl er schon recht empfindlich ist mit 110 dB (1 kHz / 1 Vrms).


Technische Daten

Hier der Vollständigkeit halber die technischen Daten inkl. Vergleich des HD620S mit dem HD660S.

Sennheiser HD620S
Wandlerprinzipdynamisch, geschlossen
Wandlergröße42mm (Membran 38mm)
Frequenzgang6 – 30.000 Hz
Impedanz150Ω
Lautsprecherempfindlichkeit110 dB (1 kHz, 1 Vrms)
THD, Klirrfaktor< 0,05% (1 kHz, 90 dB SPL)
OhrkopplungOhrumschließend (Over-Ear)
Quelle: Sennheiser

Design & Verarbeitung

In der Nomenklatur als 600er zu erkennen, im Design eher ein Vertreter der 500er Serie. Beides ist okay und lange Zeit bewährt. Ich habe da keine Präferenz, finde es nur etwas inkonsequent. Das Design an sich ist aber absolut gelungen und in natura überzeugt der HD620S mit einem gelungenen Materialmix in Schwarz. Neben Kunststoff, der sich nie billig sondern durchgängig hochwertig anfühlt, kommt auch Metall zum Einsatz. Die Außenseiten der Ohrmuscheln sind vermutlich aus Aluminium und haben diese Textur, wie man sie von z.B. Kamera-Oberflächen kennt.

Die kunstoffummantelten Kabel fühlen sich gut an, sind angenehm flexibel und frei von Mikrofonie – hier habe ich grundsätzlich keine Kritik. Auch die Länge von 1.80m ist ein guter Kompromiss. Allerdings ist der einseitige Anschluss speziell und macht den Einsatz von Dritthersteller-Kabeln schwieriger. Ich bin mir aber sicher, daß Slawa Rotmann eine Lösung finden wird.

Allerdings: Wann lernen die Hersteller endlich, ein Kabel knickfrei zu verpacken? Einfach rund zusammenlegen und fertig….


Tragekomfort

Auch wenn ich die klassische Bügelkonstruktion der 600er Reihe – so simpel wie sie ist – immer noch präferiere, so ist die 500er Konstruktion nicht minder komfortabel und effektiv. Die Verstellung funktioniert gewohnt zuverlässig und präzise.

Anpressdruck
Geschlossene Kopfhörer haben prinzipbedingt eine Haupt-Eigenschaft: Sie sollen vor Außengeräuschen isolieren und auch den Schall am Durchdringen in die andere Richtung hindern. Das ist nur möglich, wenn das Gehäuse dicht ist und kein Leck unter den Polstern entsteht. Dazu ist ein gewisser Anpressdruck vonnöten, der meist höher ist als der von offenen Kopfhörern. Der Anpressdruck beim HD620S ist recht hoch. je kleiner die Kopfbügelverstellung, desto höher die Anpresskraft.

Ohrpolster
Die Ohrpolster und die Polsterung unter dem Bügel ist extrem fluffig: Trotz Kunstleder sind die Pads unglaublich weich und angenehm wie ein Kissen. Der Schaumstoff geht in Zeitlupe nach Kompression in Ausgangslage zurück.

Kabel
Was mich stört, ist die einseitige Kabelverbindung: Die beiliegende Strippe wird am linken Gehäuse konnektiert. Was im Studioalltag vorteilhaft ist, finde ich für normale Nutzung eher ungewohnt. Auch erschwert die proprietäre Steckverbindung das Anfertigen von hochwertigen Zustrom-Kabeln.


Klangqualität

Ich habe den HD660S2 an verschiedenen Quellen gehört. Zum einen natürlich am Arbeitstier Questyle CMA Fifteen (Test), zum anderen aber auch an verschiedenen DAP wie dem Astell & Kern KAN MAX (Test), dem Sony WM1A, dem Shanling M0 Pro (Test) oder dem Fiio M17 (Test). Auch an DAC/Amps wie dem ifi Audio Gryphon (Test) und ifi GOblu (Test) konnte der Sennheiser sein Können unter Beweis stellen.

Mit 150Ω ist der HD620S schon etwas anspruchsvoller was das Abspielgerät angeht. So spielt er sein volles Potential also eher an kleinen DAPs oder Dongle-Dacs aus als direkt am Smartphone. Aufgrund fehlender Kopfhörerbuchse ist dies ja mittlerweile bei den meisten Smartphones sowieso nicht mehr möglich.

Insgesamt zeichnet sich der HD620S durch eine dezent warme, bass-affine und leichte V-Signatur aus, die eine analytische und gleichzeitig musikalische Wiedergabe bietet. Die Detailgenauigkeit und die Kontrolle über alle Frequenzbereiche machen ihn besonders für Hörer interessant, die einen klaren und natürlichen Klang in einem geschlossenen Kopfhörer bevorzugen. Für einen geschlossenen Hörer verblüfft er darüber hinaus mit großer Luftigkeit und Bühne.

Die einzelnen Bereiche:

Bass
Der Bass ist genau nach meinem Geschmack. Präzise und vor allem im Transientenverhalten (Bassdrums, TomToms) druckvoll und impulsiv. Der HD6202 eignet sich hervorragend für Heavy Metal und härtere Musikrichtungen, da er eine natürliche Klangwiedergabe und eine ausgewogene Balance zwischen Tief- und Oberbass bietet. Die Bassqualität ist beeindruckend, und die Quantität ist ebenfalls gut abgestimmt. Ein wenig mehr Fülle im tiefsten Bassbereich könnte gelegentlich von Vorteil sein, doch der Oberbass bleibt stets klar und präzise, ohne zu verwaschen.

Mitten
Die Mitten sind der V-Signatur folgend ein wenig zurückgesetzt. Sie bleiben jedoch ausreichend präsent, um Stimm- und Instrumentenwiedergabe sehr natürlich zu halten. Auch verzerrte Gitarren klingen noch energiereich und frisch genug. Alle Instrumente sind klar und transparent.

Höhen
Im Vergleich zu den offenen Vertretern der 600er Reihe sind die Höhen etwas softer, bleiben jedoch präzise und detailliert genug, um keine Details zu überhören. Sie komplementieren den leicht angehobenen Bassbereich gekonnt und runden damit die grundsätzlich angenehm ausgeglichene Klangsignatur ab.

Bühne & Separation
Die Bühnenpräsentation ist gut für einen geschlossenen Kopfhörer, kommt aber nicht an einen guten offenen Kopfhörer wie z.B. dem HD600 aus gleichem Hause an. Und auch im Vergleich zu Top Modellen wie dem HD820 aus eigenem Hause oder dem Denon AH-D9200 oder auch dem Dan Clark Audio E3 muss sich der HD620S geschlagen geben. Keine Schande, wenn man auf das Preisschild schaut. Bei den Modellen unter 1.000€ spielt er allerdings ganz weit vorne mit.

Isolation
Die passive Geräuschisolierung ist aufgrund der geschlossenen Bauform kontruktionsbedingt natürlich sehr gut. Dies gilt für beide Richtungen, so daß sich der HD620S auch wunderbar als Kopfhörer für das Schlafzimmer eignet oder auch überall da, wo man andere nicht durch seine Musik stören möchte.

Gaming und Travel
Der HD 620S vereint besten Klang mit vielseitigem Einsatzgebiet: Für Gaming bringt er die nötige Präzision, Lokalisation und Abschirmung mit. Dank seiner robusten Bauweise und exzellenten Geräuschisolation ist er auch ideal für unterwegs, da Umgebungsgeräusche effektiv unterdrückt werden. Ein leistungsfähiger Player ist jedoch Voraussetzung. Dann jedoch übertrifft der HD620S jeden Bluetooth/ANC Kopfhörer in der gebotenen Klangqualität.


Fotogalerie


Fazit

Der HD 620S von Sennheiser verkörpert genau die Qualität, die man von Sennheiser erwartet: Er ist hervorragend verarbeitet und liefert einen beeindruckenden Klang. Trotz der geschlossenen Bauweise überzeugt er mit einer realistischen, offenen Klangsignatur. Damit kombiniert der 620S die Stärken beider Welten: Er isoliert von der Außenwelt und verfügt über einen druckvollen, konturschaarfen Bass, bietet aber ebenso eine präzise Feinauflösung, schnelle Reaktionszeiten und ein angenehm luftiges Klangbild. Für etwa 350 Euro ist das Preis-Leistungs-Verhältnis überragend.

Der Sennheiser HD620S ist ein erstklassiger Allrounder mit fantastischem Klang zu einem vernünftigen Preis – absolute Empfehlung!

Sennheiser HD620S | Bewertung

9.3

Sound

9.5/10

Verarbeitung

9.0/10

Komfort

9.5/10

Preis/Leistung

9.0/10

Pros

  • Präziser, ausgewogener Klang
  • Toller Bassdruck, Punch
  • Sehr gute passive Geräuschisolierung
  • Bewährte Konstruktion & Materialien
  • Komfortabel

Cons

  • Recht hoher Anpressdruck
  • Einseitige Kabelführung