Völlig überraschend veröffentlichte Sennheiser kürzlich mit dem IE200 einen weiteren IEM aus der aktuellen Reihe. Dieses Mal wird die Serie nach den Modellen IE900, IE600 und IE300 mit dem IE200 nach unten abgerundet. Der Preis von 149€ UVP klingt wie eine Kampfansage an die ChiFi Szene. Und soviel kann ich verraten: Mehr Sennheiser Klang pro Euro gab es noch nie. Wie sich der kleinste Sproß der erfolgreichen Serie schlägt, da könnt ihr hier lesen!


[Werbung] Der IE200 wurde mir für diesen Test direkt von Sennheiser zur Verfügung gestellt. Vielen Dank!


Der Sennheiser IE200

Damit habe ich ehrlich gesagt nicht gerechnet. Ich dachte, daß die neue Inear Serie von Sennheiser mit den Modellen IE300/600/900 eigentlich komplett wäre. Aber Sennheiser setzt unter den IE300 mit 299€ UVP noch ein weiteres Modell – für die Hälfte des Preises.

Die Strategie dahinter erinnert an das Baukastenprinzip der Automobilindustrie. Zuerst wird das maximal technisch machbare für die Luxusmodelle entwickelt. Nach und nach findet dann diese Technik Einzug in die Mittelklasse, bis sie schließlich bei den Volumenmodellen ankommt. Eigentlich hatte Sennheiser das ja mit dem IE300 schon erreicht – geht aber jetzt noch weiter und packt die Technik auch in die Kleinwagen – so daß jeder in den Genuss derselben kommen kann.

Der dynamische 7mm Treiber wird so auch in den großen Modellen eingesetzt und dient als Basis einer etwas anderen, aber nach wie vor überragend guten Abstimmung. Massenproduktion in China statt in der EU und Deutschland machen neben einem verschlankten Lieferumfang und einer billigeren Verpackung den Kampfpreis möglich. Keine Ausrede mehr für wirklich guten Sound.


Lieferumfang und Verpackung

Die IE300 liefert Sennheiser im bekannten Verpackungsdesign aus. Auf der Vorderseite des Umkartons befindet sich ein Produktfoto, hinten finden sich technische Daten. Ist der äußere Schubert noch vergleichbar mit dem der teureren Modelle, so ist der eigentliche Karton sehr dünn und offenbart die Einsparungen bei Material und Fertigung. Kein Problem hier, denn es handelt sich ja schließlich nur um die VerpackungStabile Pappe und ein ansprechendes Design – ganz so wie wir es von anderen Sennheiser Produkten bereits kennen.

Neben dem IE200 packt Sennheiser noch ein abnehmbare Kabel und ein kleines Transportmäppchen ähnlich eines Brillenetuis hinzu. Auch hier wieder ist die Preisdifferenz zum IE300 offensichtlich, dem ein „richtiges“ Hardcase beiliegt.

Verschiedene Aufsätze gibt es ebenfalls: Zum Lieferumfang des IE 200 gehören wie schon beim IE300 insgesamt 3 Paar Ohradapter aus Silikon in verschiedenen Größen sowie 3 Paar verschieden große viskoelastische Adapter aus Memory-Schaum. Kabelclip, Reinigungswerkzeug und Reinigungstuch fehlen hier.


Technische Daten

  • Impedanz: 18 Ω
  • Frequenzbereich: 6 Hz – 20 kHz
  • Klirrfaktor bei 1kHz< 0,08 % (1 kHz, 94 dB SPL)
  • Schalldruckpegel bei 1 kHz: 124 dB (1 kHz / 1 Vrms)
  • Kabellänge: 125 cm
  • Gewicht ohne Kabel: 4gr

Design und Verarbeitung

InEar
Die Gehäuseform des IE200 mit Trageart Kabel über dem Ohr entspricht komplett den größeren Modellen. Das Design ist schlicht, aber geschmackvoll. Der schwarze Kunstoff ist im Vergleich mit IE600 und IE900 sehr einfach und vergleichbar mit dem IE300. Bei der Verarbeitung gibt es nix zu meckern, das ist wie immer solide und scheint ebenso langlebig zu sein wie andere Produkte von Sennheiser.

Die etwas zurück versetzen MMCX Buchsen sorgen für eine zentrierte Einführung des Steckers um die Anschlüsse zu schonen, machen die Wahl eines Standard-Kabels im Zubehörmarkt aber schwieriger. Die Tips sind in zwei Positionen aufsteckbar und verlängern so den Schallkanal, was Einfluss auf die Bassintensität nimmt. Mehr dazu gleich.

Kabel
Das Kabel des IE200 ist ca. 125cm lang und 4-adrig und geflochten. Hier orientiert man sich offensichtlich an den mittlerweile sehr schönen und guten Kabeln selbst günstigster China-IEM. Als Stecker verwendet man einen 3.5mm abgewinkelten Stecker.


Tragekomfort

Aufgrund der nahezu identischen Gehäuse und Gewichts übernehme ich diesen Teil komplett aus meinem IE300 Test.

Die IE200 sind unglaublich – also wirklich unglaublich – leicht aufgrund des Kunststoffgehäuses – und das zahlt natürlich voll in den Tragekomfort ein. Mit Kabel über dem Ohr hat man zwar mehr „Kontaktpunkte“ zum Körper, aber trotzdem ist der InEar – auch vor allem wegen des leichten Gewichts – nach ein paar Minuten nicht mehr zu spüren.

Da der IE200 aber einen relativ kurzen Nozzle (Schallröhrchen) hat, sitzt er bei mir für den richtigen Seal etwas schräg im Ohr – was aber nicht weiter stört und nur ein bisschen blöd aussieht und etwas Gefummel beim Einsetzen erfordert.

Das Einsetzen und die richtige Tipwahl ist aber gar nicht so ohne. Bei mir haben nur die mittleren Silikontips einen richtigen Seal. Mit den S & L klingt der Senni bei mir absolut kaputt. Also: Experimentiert mit den Tips und hört nicht auf, wenn von den beigefügten keiner passt. Es scheint, als seien die IE*** echte Diven was das angeht.

Eine Besonderheit hat man den IE200 spendiert: Die Tips können in zwei Positionen aufgesetzt werden, rasten quasi in zwei unterschiedlichen Positionen ein. Dies soll in der äußeren Position zu einer neutraleren Abstimmung führen – was auch recht gut funktioniert. Mir gefällt aber die „normale“ Position deutlich besser.


Klang

Gleicher Treiber, gleicher Klang?
Ganz sicher nicht, denn sonst hätte es Sennheiser ja schwer, seine teureren Modelle überhaupt noch zu verkaufen. Alle IEM aus der Linie sind etwas anders abgestimmt. Leider habe ich keinen der anderen mehr hier, so daß ich nicht direkt vergleichen kann. Aber aus der Erinnerung sind die Unterschiede sehr gering – und im übrigen auch Geschmacksache.

Wie klingt der Sennheiser IE200 denn nun?

Der Klang ist absolut smooth und angenehm. Tonal recht ausgeglichen mit einem Schuss Wärme u d leichter V-Signatur. Insgesamt überaus allgemein- und alltagstauglich. Der Sound ist uftig, klar, leicht. Keinesfalls ist der IE200 ein Bassbomber, wie man sie in den consumerorientierten Preisbereich um 150€ nur allzuoft findet. Sennheiser beeindruckt auch in der Einstiegsklasse mit einem qualitativ erstklassigem Bass.

Als Zuspieler haben mir erneut der Questyle CMA Fifteen und der Astell & Kern KANN MAX gedient. Viel Power braucht der IE200 nicht, denn er skaliert kaum. Selbst ein mäßig potenter DAP holt hier wie beim IE300 schon das Maximale heraus.

Der Klang im Einzelnen:

Bass

Im Bass ist er druckvoll und griffig, der Tiefbass ist da – wenn verlangt. Man hört schon, daß man es mit einem dynamischen Treiber zu tun hat, denn diese organische, druckvolle und mitreißende Bassqualität ist besonders. Typisch auch für den Sennheiser True Response Treiber ist die Schnelligkeit: Denn der IE200 zeichnet sich unterm Strich durch den gleichen, satten und sauberen Bass der Serie aus. Sehr differenziert und kontrolliert spielt er von ganz tief unten bis in den punchigen Oberbass hinein. Mengenmäßig liegt er aus der Erinnerung etwas unter IE600 & IE300.

Mitten

Sehr angenehme und vor allem für Stimmen schön vielschichtige und Details herausarbeitende Mitten wissen bei jeder Art von Musik zu überzeugen. Volle Stimmen, fette Metalgitarren, brilliante Strings – alles top. Herausragende Natürlichkeit mit dem Senni-typischen Schuss Wärme – aber immer sehr dezent. Und vor allem eines: Sauber differenziert mit einer in dieser Preisklasse überragenden Instrumentenseparation.

Höhen

Typische weiche Sennheiser Höhen. Die angenehme Smoothness wird hier und da durch das Fehlen des letzten Schimmers erkauft. Das kann natürlich der IE300 besser, welcher noch luftiger agieren und feiner auflösen kann.

Separation & Bühne

Der IE200 verfügt über eine breite Bühne, die ein sehr schön aufgefächertes Musikgeschehen vermittelt. Hinzu kommt eine fantastische Instrumentenseparation und tolle Details. Kaum zu glauben, daß hier ein IEM für 150€ am Werk ist. Vor allem die Leichtigkeit, dieser Fluss der Musik ist beeindruckend. Hier klingt nichts irgendwie angestrengt oder dgl.

Isolation

Ich hatte ja schon erwähnt, daß der perfekte Sitz etwas Fummelei erfordert – zumindest bei mir. Wenn man denn aber erst einmal einen guten Seal erreicht hat, dann ist auch die passiver Geräuschisolation sehr gut.


Fotos


Fazit

Der Sennheiser IE 200 ist eine beeindruckende Kampfansage an die günstigen, aber leistungsfähigen IEMs aus China. Sennheiser ist hier klanglich mindestens auf Augenhöhe, oft deutlich darüber. Mit dem extrem guten 7mm Treiber haben sie ein ganz heißes Eisen im Feuer.

Beim Sennheiser IE200 handelt es sich um einen tollen InEar zum wirklich günstigen Preis. Tonalität, technische Fähigkeiten und Verarbeitungsqualität. Ich glaube, daß es allein vom Preis-Leistungs Standpunkt aktuell nichts Besseres gibt.

Wer den Einstieg in die Welt der Inears sucht oder einfach nur gut Musik hören will – der IE200 ist ein „No-Brainer“.


Sennheiser IE200 | Bewertung

9.3

Klang

9.3/10

Verarbeitung

9.0/10

Komfort

9.0/10

Preis/Leistung

10.0/10

Pros

  • Typischer Sennheiser Sound
  • Passt zu allen Genres
  • Leicht
  • Ausgeglichene, angenehme Signatur
  • Günstig

Cons

  • Für den Preis nichts zu bemängeln!