Nachdem bereits die im mittleren Preisbereich positionierten Kopfhörermodelle von Austrian Audio allesamt durch sehr gute Klangeigenschaften bei moderaten Preisen überzeugen konnten, legen die Österreicher nach und setzen nun auf einen echten High-Ender. Der „Composer“ ist ein offener Overear Kopfhörer und will für rund 2.500€ ganz oben mitspielen. Das Know-How scheint zweifelsohne vorhanden zu sein, die Zeichen stehen also gut. Ob ihm das letztenendes aber auch gelingt und wie er klingt? Ich verrate es euch!
Inhalt
[Werbung] Der Austrian Audio „The Composer“ wurde mir für diesen Test leihweise zur Verfügung gestellt.
Der Austrian Audio
Wer ist Austrian Audio?
Mittlerweile ist der Composer bereits das neunte Modell der noch recht jungen Firma aus Österreich. Wobei – so ganz neu ist die Firma ja nicht. Als der östereichische Traditionshersteller AKG im Jahr 2017 seine Tore in Wien schloss, gründeten ehemalige AKG Mitarbeiter die Firma Austrian-Audio. Ganz in der Tradition des ehemaligen Arbeitgebers sollten hier erstklassige Audioprodukte entwickelt und produziert werden. Der Plan ging auf, denn der geschlossene X65 (Test) konnte bereits viele sehr gute Kritiken einfahren. Auch andere Modelle konnten hier und auch andernorts bereits im Test voll überzeugen. Zeit also für Austrian Audio, den nächsten, konsequenten Schritt zu machen – und voilá: Hier kommt „The Composer“.
The Composer
Technisch handelt es sich beim Composer erst einmal um einen offenen Overear Kopfhörer mit beidseitiger Kabelführung. Zentrales Herzstück ist ein neu entwickelter „Hi-X“ Treiber – wobei Hi-X für High-Excursion steht. Dabei ist der Treiber mit 49mm groß genug, um ordentlich Druck zu machen. Ziel des neuen Treibers mit einer „Diamond-like Carbon“ beschichteten Membrankappe ist es, durch hohe Magnetkraft und einen verbesserten Luftstrom ein bestmögliches Anspracheverhalten bei Transienten und damit eine präzise (Tief)Basswiedergabe zu erzielen.
Die Konstruktion des Composers folgt einer Mischung aus klassischem Kopfbügel mit innenliegendem, verstellbaren Kopfpolster. Alle Verschleißteile sind austauschbar und können bei Bedarf ersetzt werden. Die großen Ohrmuscheln sind oval rechteckig mit einem von einer zur anderen Seite reichenden Halbkreis oben und unten. Der Clou: Die gesamte Ohrmuschel ist radial vierstufig um die Treibermitte drehbar, so daß der perfekte individuelle Winkel für die bestmöglichen Passform eingestellt werden kann – nicht alle Ohren stehen parallel zur Symmetrieachse des Kopfes..
Beim Kabelanschluss hat sich Austrian Audio etwas Besonderes einfallen lassen und weicht mit der Verwendung von aus der Elektrotechnik hinreichend bekannten Bananensteckern deutlich von üblichen und eigentlich etablierten Lösungen ab. Somit sind die Kabel erst einmal relativ proprietär. Laut Austrian Audio führt diese Art der Kabel bzw. deren Konzept und Positionierung auf der Außenseite der Hörmuschel zu einer verringerten Mikrophonie am Kabel und gleichzeitig zu einer Zugentlastung. Beides kann ich zwar wirklich nachvollziehen, sehe ich in diesen Punkten bei herkömmlichen Konstrukten aber auch keine wirklichen Probleme. Der Nachteil dieser Lösung liegt allerdings auf der Hand: Zubehörkabel sind zumindest bisher kaum zu finden. Gut, daß die beiligenden Kabel schon eine seht gute Qualität haben. Wir schauen trotzdem hier gespannt auf den Zubehörmarkt.
Nicht ganz unwichtig zu erwähnen finde ich die Tatsache, daß der Composer in Wien handgefertigt wird. Eine Produktion in Europa ist grundsätzlich lobenswert und nicht selbstverständlich heutzutage.
Lieferumfang und Verpackung
Das mir vorliegende Demomodell kommt leider nicht in der regulären Retail-Verpackung, sondern in einer schlichten weißen Pappschachtel. Deshalb gibt es an dieser Stelle weder eine Beschreibung der Verpackung noch Fotos davon.
Normalerweise kommt der Composer natürlich standesgemäß in einer recht edlen Verpackung. In der dezent bedruckten Pappschachtel findet sich dann aber statt der Papphülle eine schwarze Holzschatuelle, in welcher der Composer nebst drei! Kabeln in einem formschlüssig passenden Hartschaumbett sicher verstaut ist. An Kabeln hat man nicht gegeizt – es befinden sich drei Kabel im Lieferumfang – je eines mit 3.5mm, 4.4mm und XLR Steckern. Während manch andere Hersteller dieser Tage auf einen wechselbaren Stecker setzten, liefert Austrian Audio hier direkt drei komplette Strippen. Sehr löblich!
Tragekomfort und Verarbeitung
Der Tragekomfort des Austrian Audio Composer ist zweifellos herausragend und erinnert sehr deutlich an den der Hi-X Reihe. Die Ohrpolster, bestehend aus weichem und anpassungsfähigem Schaumstoff, kombiniert mit der kuschelweichen Kunstledertextur, verleihen den Pads eine überaus angenehme Haptik und einen hohen Tragekomfort.
Daher wäre es problemlos möglich, den Composer stundenlang ohne Anzeichen von Ermüdung zu tragen. Den Konjunktiv muss ich hier nutzen, da ich eine kleine Einschränkung erwähnen muss. Die Tiefe der Pads ist sehr gering, so daß der innenliegende Schaumstoff meine Ohren berührt. Das spürt man nicht sofort – aber damit fühlt sich der Composer bei mir nach gewisser Zeit eher an wie ein On-Ear Kopfhörer.
In Bezug auf Materialwahl setzt der Austrian Audio Composer auf eine gelungene Kombination von Metall und hochwertigen Kunststoffen. Mit einem Gewicht von lediglich 385 Gramm ist er äußerst leicht und unauffällig, ohne dabei an Robustheit einzubüßen. Die verwendeten Materialien vermitteln einen stabilen und langlebigen Eindruck. Die Verarbeitung ist ohne Kritik, hier passt einfach alles. Die abnehmbaren Pads werden mittels Magneten in Position gehalten, was ich optimal finde. Ein Padwechsel ist somit schnell erledigt.
Die eher dezente bzw. gar filigrane Konstruktion steht im Gegensatz zu den doch tlw. arg Boutique-Lastigen Designs manch anderer Kopfhörer im gleichen Preissegment. Austrian Audio setzt hier konsequent auf Industriedesign, was mir persönlich ausgesprochen gut gefällt.
Technische Daten
Ja, für viele Leser wohl eher uninteressant, aber doch gehören sie dazu: Die nüchternen Fakten. Aber was kann man herauslesen? Auffällig ist hier lediglich die hohe Empfindlichkeit bei relativ geringem Wiederstand. Daraus folgt, daß der Composer auch an mobilen Zuspielern gut funktioniert.
Bauform: | ohrumschließend |
System: | offen |
Frequenzbereich: | 5 Hz – 44 kHz |
Empfindlichkeit: | 112 dBspl/V |
Klirrfaktor (@ 1kHz): | < 0.1% |
Impedanz: | 22 Ω |
Nennbelastbarkeit: | 160 mW |
Kabel (abnehmbar): | 3.5mm/3m, 4-Pin XLR/3m, 4.4mm/1.4m |
Adapter (inklusive): | 3.5 mm to 6.3 mm (1/8” to 1/4″) |
Abmessungen: | 215 x 200 x 90 mm |
Gewicht (ohne Kabel): | 385 g |
Klangqualität Austrian Audio „The Composer“
Kommen wir endlich zum Wesentlichen – dem Klang! Verwöhnt von den bisherigen Kopfhörern der Österreicher, habe ich natürlich eine gewisse Erwartungshaltung bzgl. des Klanges mitgebracht. Und die wurde nicht enttäuscht. Um er vorwegzunehmen: Der Composer spielt ganz oben mit und muss sich vor keinem der aktuellen Flaggschiffe (soweit ich sie kenne) verstecken. Aber der Reihe nach.
Ich habe den Composer an verschiedenen Playern getestet. Einerseits natürlich an meinem bewährten Daily-Driver neben dem iMac, dem Questyle CMA Fifteen (Test), andererseits aber auch an verschiedenen Digital Audio Playern wie dem Astell & Kern KAN MAX (Test) oder dem iBasso DX320 Ti (Test). Darüber hinaus hatte der Composer natürlich auch die Gelegenheit, sein Können am ifi Audio Gryphon (Test) zu präsentieren.
Grundsätzlich kommt der Composer mit allen Geräten sehr gut klar. Erwähnenswert ist, daß er keine utopischen Leistungsreserven erfordert und auch schon an kleinen DAPs gut performt – was man von manchem Kopfhörern aus der gleichen Preisklasse nicht immer behaupten kann.
Allgemeine Klangbeschreibung
Tonal erwartet uns erstmal eine tendenziell durchaus hellere Abstimmung, ganz in der Tradition der Firma bzw. auch deren Vorgänger AKG. Als in erster Linie im professionellen Bereich angesiedelter Brand verwundert es nicht, daß man hier dicken, zähen oder warmen Sound vergeblich sucht. Hier steht eher neutraler und verbindlicher Klang im Fokus. Das soll natürlich nicht bedeuten, daß der Composer ein reines blutleeres Werkzeug ist – dafür wäre er zu schade, das soll er auch nicht sein und das ist er auch nicht.
Vielmehr verbindet er die studiotaugliche Signatur eines Hi-X65 mit der gewissen langzeittauglichen Durchhörbarkeit eines typischen „HiFi“-Kopfhörers. Dabei zeichnet er sich durch eine bemerkenswerte Ausgewogenheit und Präzision aus. Die klaren Höhen, die texturierten Mitten und der kontrollierte Bass tragen dazu bei, dass jede Musikrichtung mit Bravour wiedergegeben wird.
Apropos Bass: Hier glänzt der Composer und relativiert den anfänglichen cleanen Eindruck etwas. Denn der Bass – bzw. genauer der Bereich im Ober-Midbass – spielt beim Composer eine überaus wichtige Rolle in der Gesamttonalität. Plötzlich hört man Bassdrums mit einer vorher (zumindest bei Overears) nie gehörten Präzision und direkten Plastizität. Ein offener Hifi-Kopfhörer mit Studiogenen UND Fun-Faktor? Richtig, das geht!
Die einzelnen Bereiche im Detail:
Bass
Der Bass des Kopfhörers ist straff und schnell, reicht tief hinab und spielt extrem sauber. Der Composer ist kein spaßig abgestimmter Effekthörer, aber er macht Spaß! Er empfiehlt sich als absoluter Tausendsassa, denn er ist absolut universell einsetzbar für eine breitere Palette von Musikstilen. Für mich ist er aber geradezu perfekt für Rock & Metal geeignet. Denn durch den sehr präzisen Bass ist er in der Lage, selbst schnellste und dicht instrumentierte Werke akkurat und sauber wiederzugeben. Gerade bei schnellem Deatmetal oder traditionellem Thrashmetal liefert er eine beeindruckende Performance. Für einen dynamischen Kopfhörer ist der konturierte Punch und Kick einer Bassdrum in Verbindung mit einem traumhaften Impuksverhalten geradezu unglaublich.
Mitten
Die Mitten präsentieren sich mit einer ausgewogenen Balance, die sowohl Stimmen als auch Instrumenten eine angenehme Musikalität verleiht. Die Tonalität ist dabei stimmig, sehr natürlich und der Composer schafft den Spagat zwischen Wärme und analytischer Präzision mit Leichtigkeit. Die Detailtreue in diesem Frequenzbereich ermöglicht eine authentische und lebendige Wiedergabe jeglicher Musik. Gerade für Gitarrenriffs unumgänglich, hier liefert der Composer eine gnadenlose Energie und Power ab.
Höhen
Die Höhen sind klar und detailreich, ohne dabei übertrieben oder aufdringlich zu wirken. Jede Nuance wird akkurat wiedergegeben, und die feinen Details der Musik werden auf eine angenehme Art und Weise herausgearbeitet. Cymbals klingen äußerst detailliert und transparent, wobei die feine Auflösung die verschiedenen Obertöne transparent und nachvollziehbar aufzufächern scheint. Trotz des hohen Detailgrads und der klaren Darstellung bleibt die Wiedergabe der Höhen jederzeit angenehm, ohne je nervig oder anstrengend zu wirken.
Bühne
Der Composer nutzt die Vorzüge eines offenen Systems voll aus. Die musikalische Darbietung entfaltet sich äußerst räumlich und dreidimensional. Auch beim Gaming zeigt der Kopfhörer eine beeindruckende Leistung. Das Imaging ist insgesamt zwar nicht übermäßig breit, jedoch überzeugend authentisch und immer nachvollziehbar – einfach „echt und ehrlich“. An den Klassenprimus, den Sennheiser HD800s kommt der Composer in dieser Disziplin nicht heran.
Separation & Auflösung
Der Composer verfügt mit dem neunen Treiber über eine vorbildliche Instrumentenseparation. Er beeindruckt mit unglaublichen Details und schafft es mit Leichtigkeit selbst in dichten Produktionen die erforderliche Trennschärfe aufzubringen, um einzelne Spuren analysieren zu können. Die Paradedisziplin gelingt ihm jedoch mit der Wiedergabe von Drums & Percussion. Hier glänzt er mit einer unvergleichlichen Authentizität bei der Wiedergabe von Transienten, Sustain und Attack bei allen Arten von Schlaginstrumenten. Die Bassdrum eines akustischen Drumsets habe ich noch nicht natürlicher gehört. Man meint förmlich, den Druck zu spüren. Fantastisch.
Fotos
Fazit
Auch im High-end Segment liefern die Österreicher eine beachtliche Leistung – Austrian Audio sollte man definitiv auf dem Schirm haben!
Klanglich setzt der Composer neue Maßstäbe in der Preisklasse und braucht sich hinter keinem der aktuellen Kopfhörer unter 3.000€ zu verstecken. Im Gegenteil, er präsentiert sich soundtechnisch in einer furiosen und zugleich souveränen Art. Er macht klanglich alles richtig, überzeugt durch erstklassig verarbeitete, hochwertige Materialien und bietet neben gutem Komfort auch eine sehr gute Performance an mobilen Quellgeräten.
Besonders hervorzuheben ist die transparente und klare Wiedergabe mit viel Details und Struktur. Die herausragende Transientenwiedergabe, die den Composer zu einem meiner Favoriten macht, ist beeindruckend. Drums und schnelle Beats werden in einer lebendigen und mitreißenden Art und Weise wiedergegeben, die unwiderstehlich zum Mitgrooven animiert. Muss man gehört haben!
Für Audiophile, die nach einer eindrucksvollen Transientenwiedergabe und klanglicher Brillanz suchen, ist der Austrian Audio Composer mehr als eine Überlegung wert. Wer in die Oberklasse aufsteigen will, sollte dem Composer unbedingt eine Chance geben.