Projekt Kopfhörerverstärker die Zweite:
Nach dem Linear von Lehmann Audio habe ich mit dem Violectric HPA V280 den nächsten Kandidaten auf meinem Schreibtisch stehen. Der Violectric HPA V280 ist mir bereits auf verschiedenen Veranstaltungen positiv aufgefallen. Nicht nur seine nüchterne Audiokompetenz, sondern auch seine technische Optik triff genau meinen Geschmack…
Inhalt
[Werbung] Der Violectric V280 wurde mir für diesen Test leihweise von Lake People zur Verfügung gestellt. Vielen Dank, Fried Reim!
Allgemeine Beschreibung
Früher oder später kommt man als Kopfhörerfreund nicht an einem „richtigen“ Kopfhörerverstärker vorbei. Spätestens beim Einsatz empfindlicher High-End Kopfhörern mit hoher Impedanz kommt man mit dem Standard-Kopfhörerausgang von Smartphone und Co. nicht mehr allzu weit. Auch der Kopfhöreranschluss an normalen AV-Receivern ist i.d.R. nicht leistungsfähig genug, um Kopfhörern wie dem Sennheiser HD800S mit 300 Ohm wirklich gerecht zu werden. Symmetrische Ausgänge findet man dort ebensowenig.
Wer ist Violectric?
Violectric ist die HiFi-Marke der deutschen Firma Lake People, die ihren Firmensitz am Bodensee hat und seit 1986 erfolgreich Kopfhörerverstärker und anderes Equipment für den Studiobereich entwickelt und vertreibt. In den letzten Jahren ist der Name Violectric aber auch unter HiFi Fans und besonders in der Kopfhörerszene bekannt geworden.
Die HPA Serie
Die Modelle der HPA Serie sind absolute Referenz-Geräte für Audio-Enthusiasten, die zwar stets auf der Suche nach dem „besten“ Klang sind, aber auch das Preisschild nicht aus den Augen verlieren wollen. Bei der Entwicklung der Verstärker wurde deshalb strikt auf Hochwertigkeit und Qualität geachtet. Insbesondere wurde Wert auf auf folgende Eigenschaften gelegt:
- Hohe Ausgangsspannung
- Höchster Dämpfungsfaktor
- Kräftige Ausgangsleistung
- Niedrigstes Rauschen
Für individuell verschiedene Anforderungen hat man als Kunde die Wahl aus unterschiedlich ausgestatteten Geräten. Die Unterschiede beziehen sich im Grunde auf die Art und Anzahl der Anschlüsse. Die zugrunde liegende Verstärkertechnik ist bei allen gleich und basiert auf dem erfolgreichen V100/V200. An allen stehen an der Front zwei! unsymmetrische 6.3mm Klinken-Ausgänge zur Verfügung. Zusätzlich dazu steht an manchen Modellen auch ein symmetrischer XLR4 Ausgang zur Verfügung.
Eingangsseitig verfügen alle sowohl über einen unsymmetrischen als auch über einen symmetrischen Eingang. Die Unterschiede liegen bei den Ausgängen:
- HPA V100 & V200: 2x unsym. KH-Ausgang 6.3mm,
- HPA V220: 2x unsym. KH-Ausgang 6.3mm, sym. Ausgang
- HPA V280: 2x unsym. KH-Ausgang 6.3mm, 1x sym. KH-Ausgang XLR4
- HPA V281: 2x unsym. KH-Ausgang 6.3mm, 1x sym. KH-Ausgang XLR4, sym. Ausgang
Der Violectric HPA V280
Beim konsequent symmetrisch aufgebauten Violectric V280 zum Listenpreis von 1.499€ handelt es sich also um eine leicht „abgespeckte“ Variante des Topmodells V281.
Er wurde entwickelt mit dem Ziel, höchste Übertragungsqualität an nieder-, mittel- und hochohmigen – auch symmetrischen – Kopfhörern zu gewährleisten. Er nutzt die hochgelobte Verstärkertechnologie des V200 für eine neutrale, aber trotzdem ungewöhnlich warme Wiedergabe. Die Ausgangsleistung des Verstärkers ist beachtlich. Um zu verhindern, daß Kopfhörer mit geringem Wiedestand bereits nach kurzem Dreh am Lautstärkeregler zu laut werden, verfügt der V280 über eine Leistungsanpassung:
Pre-Gain
Um die zur Verfügung stehende Leistung an den eingesetzten Kopfhörer anzupassen, verfügt der V280 pro Kanal über einen 5-Stufigen DIP-Schalter auf der Rückseite. Mit diesem lässt sich die „Grundlautstärke“ anpassen, um so einen möglichst gleichmäßigen Lautstärke-Regelbereich bei unterschiedlich leistungshungrigen Kopfhörern zu gewährleisten.
DAC
Der HPA V280 kann optional mit einem digitalen Eingang ausgestattet werden. Zur Auswahl stehen dabei ein koaxialer Eingang, optisch oder USB mit bis zu 96 kHz oder 192 kHz Sample Rate. Zusätzlich können noch verschiedene Chipsätze gewählt werden. Auch eine spätere Nachrüstung ist machbar. Perfekt, sollte sich irgendwann mal der Einsatzzweck ändern oder neue Codecs dazu kommen.
Design und Verarbeitung
„Build like a Tank“ kommt mir spontan in den Sinn, als ich den einfach und rein zweckorientiert in Schaumstoffnoppen-Kartonage verpackten Violectric HPA V280 auspacke. Das schwere, massive Gehäuse und die nüchterne, dicke Aluminium-Front strahlen höchste Qualität aus.
Diese Verarbeitungsqualität und die eingesetzten Materialien – angefangen vom fein gerasterten Lautstärkeregler über das Gehäuse aus dickem Aluminiumblech, welches mit einer aufgerauten und unempfindlichen, grauen Nextel Oberflächenbeschichtung ausgestattet ist, bis hin zu den hochwertigen Anschlussbuchsen – sind über jeden Zweifel erhaben.
Die Standfüße sind bei meinem Testgerät in silber ausgeführt. Optional sind auch in gold oder schwarz erhältlich. Die Front gibt es in schwarz oder silber. Die Beschriftung ist sauber gelasert. Die Power LED leuchtet in angenehmem Blau und setzt sich somit wohltuend von den üblicheren Standars in Grün oder Rot ab.
Beim Design kommt eindeutig „Form follows Funktion“ zur Geltung. Hier werden die Gene des Gerätes aus dem Studiobereich mehr als deutlich. Das ist wie immer Geschmacksache. Und wenn man das erste Mal am fein gerasterten ALPS Lautstärke-Potti gedreht hat, ist man dem V280 sowieso schon verfallen.
Technische Daten und Lieferumfang
Reine Zahlen sind wenig aussagekräftig in Bezug auf Klang – gleichwohl immer nützlich, um technische Leistungsfähigkeiten abschätzen zu können:
Ein-/Ausgänge: | 2 / 0 Kanäle (sym. XLR), 2 / 2 Kanäle (unsym. RCA) |
Kopfhörer Ausgänge: | 1 (sym., XLR 4-Pol), 2 |
Verstärkerkanäle: | 4 |
Übertragungsbereich: | 0 Hz – 60 kHz (-0,5 dB) |
Eingangsempfindlichkeit: | +6 dBu |
Eingangsimpedanz: | 10 kOhm |
Ausgangsimpedanz: | 0,165 Ohm (unsym.) |
max. Eingangspegel: | +21 dBu |
max. Ausgangspegel: | 1800 mW (600 Ohm) _ 5300 mW (100 Ohm) _ 3100 mW (50 Ohm) _ 2600 mW (32 Ohm) _ 1500 mW (16 Ohm) |
Rauschabstand (SNR): | >129 dB (A-gew.) |
THD+N (@ -1 dBFs): | < -102 dB / < 0,0008 % |
Crosstalk: | -115 dB |
Extras: | optinale digital Eingänge und Fernbedienung verfügbar |
Stromversorgung: | 230 V / 115 V AC |
Gehäuse: | Desktop |
Abmessungen: | 170 x 49 x 320 mm (BxHxT) |
Farbe: | silber oder schwarz |
[Quelle: Violectric.de]
Der Lieferumfang ist puristisch. Neben dem V280 findet sich noch ein Netzkabel und Handbuch im Paket. Das Handbuch hat es aber in sich. Hierzu sollte man eher „Kopfhörerfibel“ sagen, denn es werden Grundprinzipien der Kopfhörerverstärker-Technik erklärt. Themen wie Erde/Masse Prinzipien, Symmetrische und Unsymmetrische Schaltungen und vieles mehr werden leicht verständlich erklärt. Das ist nicht nur sehr informativ, sondern zeigt auch den Enthusiasmus, mit dem Lake People seine Geräte entwickelt und herstellt.
Klang
Angeschlossen habe ich den KHV analog an meinem Questyle CMA400i, Quelle ist iMac. Als Kopfhörer wurde der Sennheiser HD800S und der Amiron Home genutzt.
Klanglich ist der Violectric V280 definitiv eine Klasse für sich. Er überzeugt allein schon durch seine leistungsmäßige Dominanz und die daraus resultierende Lässigkeit im Antrieb von hochohmigen Kopfhörern. Den Sennheiser HD800S treibt er mit Leichtigkeit zu ohrenbetäubenden Pegeln an. Aber auch niedrigohmige Kopfhörer wie den Fostex TH-X00 hat er absolut souverän im Griff und wertet deren Klang deutlich auf. So können die von mir getesteten Kopfhörer zeigen, was sie können.
Der V280 überzeugt mit organischer, ganz leicht warmer und dennoch hochpräziser und transparenter Klangsignatur.
Ich hatte ja auch den Lehmann Audio Linear hier. Leider ist dieser bereits wieder weg und ich kann beide nicht direkt vergleichen. Ich habe aus der Erinnerung aber den Eindruck, daß der Violectric im Bass noch definierter zu Werke geht und auch daß er insgesamt einen Hauch brillianter und klarer klingt. Ich meine mich zu erinnern, daß der Lehmann etwas relaxter gewesen ist.
Beim Vergleich mit meinem geschätzten Questyle CMA400i zeigt sich ein ähnliches Bild. Der Questyle ist etwas wärmer, dafür nicht ganz so präzise was z.B. die Konturen im Bassbereich bei Kickdrums angeht. Hier hat der Violectric mehr Textur und klarer definierten Attack. Allerdings sind das extreme Nuancen, die mir wohl nur im direkten Vergleich auffallen.
Fazit
Der Violectric HPA V280 ist ein Kopfhörerverstärker-Bolide. Irgendwie – ähnlich wie der Linear von Lehmann – der Inbegriff von einem Kopfhörerverstärker. Er verfügt über Leistung ohne Ende, einen überragenden Klang, viele Konfigurationsmöglichkeiten und ist eine Anschaffung fürs Leben. Im direkten Vergleich mit dem Lehmann Audio Linear finde ich die Optik zwar etwas weniger wohnzimmertauglich, dafür ist der symmetrische Aufbau von Vorteil. Wer darauf keinen Wert legt, fährt mit beiden Geräten wohl sehr gut. Für mich wäre der V280 das bessere Gesamtpaket.
Mit dem Violectric V280 hat die Firma Lake People einen zeitlosen Kopfhörerverstärker für Kopfhörerfreunde geschaffen, der kaum Wünsche offen lässt. Wer bereit ist, die Summe von 1.499€ zu investieren, der dürfte mit dem V280 einen universellen und langlebigen Spielpartner mit erstklassigem Klang, toller Verarbeitung und bester Materialauswahl gefunden haben.
5 Jahre Garantie und „Made in Germany“ machen den Sack zu.
Der Violectric V280 wurde mir für diesen Test leihweise von Lake People zur Verfügung gestellt. Vielen Dank, Fried Reim!